In der Lokalen Gruppe der Galaxien dominieren die Milchstraße und die Andromeda-Galaxie, deren Schwerkraft gemeinsam die ganze Gruppe zusammen hält und daran hindert, mit der allgemeinen Expansion des Kosmos immer größer zu werden. Aber lange Zeit war offen, welche der beiden großen Spiralen eigentlich die größere Masse besitzt. In Veröffentlichungen der letzten Zeit war freilich eine gewisse Talfahrt der Milchstraße zu beobachten – und die neueste Analyse der dynamischen Verhältnisse in der Lokalen Gruppe zementiert diesen Eindruck erheblich. Diesmal wurden die außen liegenden Mitglieder der Gruppe verwendet, die mehr als 1,1 Mio. Lichtjahre von Milchstraße wie Andromeda entfernt und damit nicht an sie gebunden sind: Sie definieren das Bezugssystem für die gesamte Gruppe, in dem sich auch die Riesen Milchstraße und Andromeda bewegen. Es zeigt sich, dass die Sonne gegenüber dem Bezugssystem eine Geschwindigkeit von rund 300km/s hat. Die entscheidende Annahme ist nun, dass innerhalb der Lokalen Gruppe die Summe der Impulse von Milchstraße und Andromedagalaxie Null sein muss.

Aus ihren relativen Geschwindigkeiten folgt damit direkt, dass die Andromedagalaxie eine grob 2,3-mal höhere Masse als die Milchstraße besitzt, allerdings mit einiger Unsicherheit: Der Faktor liegt zwischen 1,2 und 4,6. Auch der Rest der Rechnung ist klassische Astronomie: In abgeschlossenen physikalischen Systemen – und Galaxienhaufen sind geradezu ein Paradebeispiel dafür – gilt der Virialsatz, d.h. die potentielle Energie (von den Massen) und die kinetische (die über die Geschwindigkeiten messbar ist) stehen in einem simplen Zusammenhang. Die Gesamtmasse der Lokalen Gruppe beträgt demnach 2,5 ±0,4 Billionen Sonnenmassen, und sie steckt nahezu komplett in den beiden großen Spiralgalaxien, konkret deren Halos aus Dunkler Materie. Damit haben – unter Berücksichtigung aller Fehlerquellen – die Milchstraße 800 ±500 und die Andromedagalaxie 1700 ±300Mrd. Sonnenmassen: Die Sicherheit liegt knapp über 90%, dass die Andromedagalaxie gewinnt. Und das wohl auch mit Recht: Ihre Detailstruktur legt nämlich nahe, dass sie über längere Zeit immer wieder kleine Nachbargalaxien schluckte, während dies der Milchstraße in den letzten 10 Mrd. Jahren nicht mehr gelang.

Daniel Fischer

Originalarbeit:
arxiv.org/abs/1405.3662
R.A.S. Release:
www.ras.org.uk/news-and
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