Wie kein anderes Gerät der Astronomie hat der NASA-Satellit Kepler während der 17 Vierteljahre seiner regulären Mission die Erforschung der Exoplaneten revolutioniert: Durch permanentes Anstarren desselben Himmelsfeldes und fortwährende präzise Helligkeitsmessung von 200’000 Sternen darin identifizierte er tausende Fälle, in denen deren Licht periodisch für Stunden ein bisschen abnimmt – ganz so als ob ein Planet vor dem Scheibchen her zieht. Leider gibt es aber auch eine ganze Reihe anderer astronomischer Vorgänge, die identische Lichtkurven hervorrufen: Jeder einzelne Kepler-Kandidat muss eigentlich einzeln „verifiziert“ werden. Das kann durch die Messung einer mit den Transits synchronisierten Bewegung des Stern entlang der Sichtlinie gelingen, was aufwändige Spektroskopie-Serien erfordert, oder durch den Nachweis gegenseitiger Bahnstörungen in einem System mit mehreren Planeten, was aber nur unter günstigen Bedingungen gelingt. Der Handvoll tatsächlich zweifelsfrei mit diesen dynamischen Methoden verifizierter Kepler-Planeten steht daher eine wesentlich größere Zahl von Planeten-Kandidaten gegenüber, zumal die meisten Kepler-Sterne sind für Spektroskopie schlicht zu schwach sind. Es gibt gute Argumente, dass über 80% der Kandidaten echte Planeten sind, vor allem die kleinsten, bei denen es für Keplers Lichtkurven wenig Alternativen gibt. Und durch systematisches Ausschließen aller anderen plausiblen Erklärungen lassen sich viele Kandidaten zumindest „validieren“, was die Zahl der „Kepler-Planeten“ bereits auf etwas über 1000 getrieben hatte.
Ob solch ein lediglich durch Ausschluss von Alternativen validierter Planet genau so glaubwürdig ist wie ein tatsächlich dynamisch verifizierter, darüber gehen seither die Meinungen in der Fachwelt auseinander. Letztlich „real“ sind diese Planeten nur statistisch gesehen: Willkürlich wird verlangt, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Täuschung unter einem Prozent liegt. Wie auch immer: Die Validierungs-Methodik konnte nun erstmals voll automatisiert werden – und hat auf einen Schlag 1284 bisher unklare Kandidaten in den höheren Stand der Glaubwürdigkeit erhoben (und gleichzeitig 428 falsifiziert). Damit hat sich die Zahl der ernst zu nehmenden Kepler-Planeten auf 2325 mehr als verdoppelt (Grafik), wobei sich aber das statistische Gesamtbild nicht nennenswert verändert hat: Es dominieren weiter die – im Sonnensystem unbekannten – „Super-Erden“. Von den 2857 Kepler-Kandidaten, bei denen das automatische Verfahren funktionierte, wurden 84.5% als echt eingestuft: Rund 78% der mutmaßlichen Planeten von 4 bis 10 Erddurchmessern sind validiert und sogar 93% der noch kleineren (von denen übrigens 9 mit 1,1 bis 2,0 Erddurchmessern in den habitablen Zonen ihrer Sterne kreisen). Auf ähnliche Prozentsätze waren auch frühere Analysen der Datenflut Keplers gestoßen, in der lediglich bei Riesenplaneten die falschen Kandidaten überhand nehmen. Automatische Validierung wird bei künftigen Suchprogrammen per Transit mit den Satelliten TESS und PLATO eine noch größere Rolle spielen, die zehntausende Exoplaneten-Kandidaten einfahren sollten. Zusammen mit Keplers verifizierten und validierten Fällen sind bisher rund 3200 ziemlich sichere Exoplaneten entdeckt worden.
Daniel Fischer
LINKS:
Originalarbeit: http://www.astro.princeton.edu/~tdm/koi-fpp/ms.pdf
JPL Release: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?feature=6511
Princeton Release: http://www.princeton.edu/main/news/archive/S46/28/88S16/
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