Beispiellos: Stern schwindet in dreieinhalbjähriger Bedeckung

Illustration des Systems TYC 2505-672-1. Eine gewaltige Materiescheibe verdunkelt die Hauptkomponente des Binärsystems für mehr als drei Jahre [Jeremy Teaford, Vanderbilt University]

Es geschieht zwar nur alle 69 Jahre, dafür dauert es aber gleich mehr als drei Jahre an. Das sind die beeindruckenden Eckdaten der längsten bekannten Sonnenfinsternis. Ort des Geschehens ist ein etwa 10.000 Lichtjahre entferntes Binärsystem mit der Katalognummer TYC 2505-672-1. Das relativ frisch entdeckte System hält damit nicht nur den Rekord der am längsten andauernden stellaren Eklipse, sondern zeigt auch die längste bekannte Periode zwischen zwei Verdunkelungen in einem Binärsystem.

Als bisheriger Rekordhalter erwies sich der Überriese Epsilon Aurigae (mit Eigennamen Almaaz), ein bedeckungsveränderlicher Stern vom Typ Algol im etwa 2000 Lichtjahre entfernten Sternbild Fuhrmann. Algolsterne sind Doppelsternsysteme bestehend aus zwei kugelförmigen oder nur geringfügig durch Zentrifugalkräfte ellipsoid verformten Einzelsternen. Die Bahnebene liegt so im Raum, dass sich die Sterne auf ihrer Umlaufbahn gegenseitig bedecken und dabei weniger Strahlung zur Erde gelangt, was als ein An- und Abschwellen der Helligkeit auf der Erde beobachtet werden kann.

Künstlerische Darstellung: Die Verdunkelung des bisherigen Rekordhalters Almaaz geschieht auf ganz ähnliche Weise.  [National Science Foundation]
Künstlerische Darstellung: Die Verdunkelung des bisherigen Rekordhalters Almaaz geschieht auf ganz ähnliche Weise. [National Science Foundation]
Die Bedeckungsphase durch seine sekundäre Komponente verdunkelt Almaaz alle 27 Jahre für ziemlich genau zwei Jahre. Die Periodizität der Lichtkurve des Systems wurde schon 1903 von Hans Ludendorff nachgewiesen und untersucht. Obwohl man sich also schon seit langer Zeit mit Epsilon Aurigae beschäftigt, kann über die Natur der sekundären Komponente des 15 bis 30 Sonnenmassen auf sich vereinigenden Hauptsterns keine sichere Aussage gemacht werden. Favorisiert ist die Annahme, dass es sich um ein Doppelsternsystem mit einer Dunkelwolke handelt. Gestützt wird die Annahme durch direkte Beobachtung des Verlaufs der letzten Bedeckung im Jahre 2009 mit Hilfe des Michigan Infra-Red Combiner (MIRC), einem Interferometer, das das Licht von vier einzelnen Teleskopen des Georgia State University CHARA-Array kombiniert. Der Befund zeigt eine dunkle Staubscheibe, die einen kleinen, nicht sichtbaren Stern umgibt, vor Epsilon Aurigae vorüberzieht.

TYC 2505-672-1 ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein aus zwei Roten Riesensternen bestehendes Binärsystem. Eine Komponente hat jedoch schon einen enormen Massenverlust hinnehmen müssen und ist auf einen relativ kleinen Kern (weniger als 50% des Sonnendurchmessers) zusammen geschrumpft. Seine Oberflächentemperatur ist aber mit ca. 8.000 Grad Celsius deutlich höher als die unserer Sonne. Auch in diesem Fall liegt die Vermutung nahe, dass der kleinere Stern von einer extrem ausgedehnten, undurchlässigen Materiescheibe umgeben ist, die für die Bedeckung verantwortlich zeichnet und vermutlich aus den abgestoßenen äußeren Schalen des Sterns besteht. Das extrem ausgedehnte Intervall zwischen den Verdunkelungen hat seinen Grund in der großen Distanz, mit der sich die beiden Sterne umrunden. Sie beträgt wenigstens 20 Astronomische Einheiten (AE) und repräsentiert auf unser Sonnensystem bezogen in etwa die Distanz zwischen Sonne und Uranus.

Die technischen Möglichkeiten erlauben es derzeit nicht, beide Komponenten eindeutig aufzulösen und somit die aufgestellte Hypothese zu TYC 2505-672-1 irreversibel zu belegen. Der Doppelsterncharakter ist aber aufgrund des besonderen Lichtwechsels, also mittels photometrischer Methoden, und wegen der periodischen Linienverschiebung im Spektrum, die sich aufgrund des Doppler-Effekts infolge der Bahnbewegung der Komponenten ergibt, erkennbar.

Lars-C. Depka

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