Existenz von »Monster«-Konvektionszellen nachgewiesen?

Bewegungsmuster von Supergranulen sind links in der solaren Länge und rechts in der Breite in vier aufeinander folgenden Sonnenrotationen dargestellt. Nach Süden gerichtete Bewegungen sind rot, nach Norden gerichtete Bewegungen sind blau eingefärbt. Besonders langlebige Muster werden von einigen als Indiz für die lange vermutete Existenz riesiger Konvektionszellen im Sonneninneren interpretiert. [Hathaway et al]

Blickt man durch ein geeignetes Teleskop auf die sichtbare Sonnenoberfläche, fallen kleinräumige Strukturen, die sogenannten Granulen (typische Größe: 1000km), sofort ins Auge. Benannt sind sie nach dem lateinischen Ausdruck »granulum« für Korn, da ihre schiere Anzahl der Sonnenoberfläche ihre körnige Struktur verleiht. Diese oberflächlichen Konvektionszellen besitzen nur eine Lebenserwartung von einigen Minuten und bedecken mit Ausnahme der Sonnenflecken die gesamte Oberfläche unseres Zentralgestirns. Seit Ende der 1960er-Jahre sind darüber hinaus ihre mächtigen Verwandten, die sogenannten Supergranulen, bekannt. Sie sind spektrographisch etwa 24 Stunden lang nachweisbar und im Mittel ca. 30-mal weiträumiger, als die Oberflächengranulen.

Schon seit mehr als vier Jahrzehnten allerdings wird aus theoretischen Überlegungen heraus auch die Existenz weitaus größerer Konvektionszellen im Sonneninneren postuliert. Ähnlich wie ihre sichtbaren Vettern, sorgen auch diese »Monster«-Konvektionszellen für den Transport der im Sonnenkern erzeugten Energie. Heiße und weniger dichte Materiebereiche im oberen Drittel der Sonne steigen in Richtung Photosphäre, dichtere und kühlere Bereiche sinken im Gegenzug in Richtung des Sonneninneren. Der auf diese Weise zustande kommende geschlossene Kreislauf macht sich durch die Konvektionszellen, die kochenden Wasserblasen gleichen, optisch bemerkbar. Die unsichtbaren Riesenzellen, die nach neueren Überlegungen den größten Teil der solaren Konvektionszone in rund 200000km Tiefe einnehmen, sind demnach mit Lebenserwartungen von Wochen ungleich langlebiger und mit Durchmessern um 200000km größer als ihre sichtbaren Gegenstücke.

Vor dem Hintergrund hydrodynamischer Modelle sollten sich die angenommenen Riesenzellen bevorzugt in Äquatornähe aufhalten und eine Nord-Süd-Orientierung aufweisen. Da die Sonne nicht wie ein starrer Körper, sondern in ihren einzelnen Bereichen unterschiedlich schnell rotiert – man spricht von der sogenannten differenziellen Rotation – werden die Zellen in höheren Breiten länglich gestreckt. Analysiert man nun die Verteilung der Supergranulen unter der Annahme, dass sie von den Strömungen der darunter liegenden Riesenzellen von deren Zentren an die Ränder transportiert werden und bestimmt man die Bewegung der Supergranulen unter Berücksichtigung der Sonnenrotation, sowie der globalen Strömungen auf der Sonnenoberfläche, ergeben sich langgestreckte, dauerhafte Bewegungsmuster, die innerhalb eines viertel Jahres um etwa 180° in der solaren Länge wandern. Solche Muster finden sich kurzlebiger und weniger stark ausgeprägt auch in niedrigeren solaren Breiten. Besonders die langlebigen Muster aber werden von einigen als Indiz für die lange vermutete Existenz der Monsterzellen im Sonneninneren interpretiert. Ob diese derart ausgelegte Deutung der Datenlage fortdauernden Bestand hat, sollen kommende Beobachtungen mit dem Sonnensatelliten Solar Dynamics Observatory (SDO) zeigen.

Lars-C. Depka

Originalarbeit (pdf):
solarscience.msfc.nasa.gov/papers/hathadh/2013HathawayUptonColegrove.pdf

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