Bis zu 6 Minuten und 39 Sekunden wird die Totalität dauern, dies allerdings nur mitten im Pazifik: Wenn der aus Indien heranrasende Kernschatten des Mondes den Kontinent an der chinesischen Ostküste verlässt, werden »nur« knapp 6 Minuten erreicht, danach trifft der Schatten nur noch winzige Inseln vor der Südküste Japans oder mitten im Meer. Diese Finsternis gehört zum Saros-Zyklus Nr. 136, der bereits dem 20. Jahrhundert die längsten Finsternisse gebracht hatte: Dreimal (1937, 1955 und 1973) mit etwas mehr als 7 Minuten Dauer, 1991 noch maximal 6 Minuten und 53 Sekunden. Und dieser Punkt der größten Finsternis fiel fast genau auf das mexikanische Baja California, das den zahlreichen angereisten Beobachtern traumhaftes Wetter mit der dunklen Sonne fast im Zenit bescherte. Mit solchen Bedingungen rechnet 18 Jahre später niemand mehr: Erst recht Indien, aber auch der sich verfinsterende Süden Chinas sind voll dem Monsun ausgesetzt, kein Ort auf dem Festland (allerdings auch nicht auf dem Ozean) ragt nennenswert in der Wetterstatistik heraus, und auch im Osten Chinas liegt die Wahrscheinlichkeit für klaren Himmel nur bei 50%. Dafür sind in den vergangenen Wochen zahlreiche Wetterwebseiten speziell für diese Sonnenfinsternis entstanden, die zumindest Tipps für eine eventuelle Wolkenflucht versprechen.
Nicht nur tausende von Finsternisfreunden aus aller Welt sind nach China gereist oder auf einigen wenigen Kreuzfahrtschiffen gebucht (Indien wurde wegen noch schlechterer Wetterstatistik von den meisten Ausländern nicht in Erwägung gezogen, Japans Inseln sind de facto abgeschottet): Auch professionelle Astronomen sind in mehreren Teams vor Ort. Noch immer bieten totale Sonnenfinsternisse Beobachtungsmöglichkeiten, die auch den besten heutigen Satellitenobservatorien verwehrt bleiben. Dies gilt zum einen für die Bildschärfe: Auch transportable Teleskope liefern — mit modernen CCD-Kameras und trickreicher Software zur Bildverarbeitung — problemlos Auflösungen von unter einer Bogensekunde und zeigen Details, die noch vor wenigen Jahren niemand in der Sonnenkorona erwartet hatte. Schon binnen Minuten (hier helfen mehrere Stationen entlang des Totalitätsstreifens) kann sich das Bild verändern: Bei der letzten SoFi 2009 z.B. tauchte »zwischen Sibirien und der Mongolei« plötzlich ein neuer scharfer Strahl in der Korona auf. Der andere Vorteil von Finsternisbeobachtern gegenüber Satelliten ist die perfekte Abdeckung der Photosphäre durch den Mond, die kein künstlicher Koronograph im Weltraum (und schon gar nicht auf der Erde) nachbilden kann: Die bei ihnen stets abgedeckte innere Korona und ihre Verbindung zur Chromosphäre ist zugänglich und damit auch jene Zone, wo der geheimnisvolle Heizmechanismus der Korona angreifen dürfte. Während der Kernschatten über die Erde ziehen wird, ist in Europa leider Nacht: Es ist zwischen 2:30 und 4:00 MESZ. Eine ganze Reihe Webcasts sind gleichwohl in Vorbereitung, und vielleicht wiederholt sich ja doch das Szenario von 2006 und 2008: Beide Male war das Wetter in der Totalitätszone fast überall besser als in der langjährigen Statistik …
Daniel Fischer
Forschungsergebnisse der SoFi 2008: arxiv.org/abs/0907.1643 |
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