Das ungewöhnliche Nebenprodukt des ersten Starts einer Falcon Heavy hat manchen Astronomen tätig werden lassen: Viele kleine Amateur- wie Profi-Sternwarten beteiligen sich an der Bahnverfolgung des schnell schwächer werdenden Lichtpünktchens – der Raketen-Oberstufe mit dem Auto oben drauf – und haben mit mehreren Hundert Positionsmessungen die interplanetare Bahn zwischen Erdorbit und Mars-Apheldistanz enorm präzisieren können. Und drei Astronomen haben nun in einem kleinen Paper die Bahn der Oberstufe weit in die Zukunft berechnet.
Allerdings waren die Autoren, überwiegend von Universitäten in Toronto, von der erst grob bekannten Bahn von vor einer Woche ausgegangen: Die – vielfach aufgegriffene – angebliche große Erdnähe 2091 in ihrem Paper gibt es indes gar nicht, wie die verbesserte Bahnrechnung zeigt, und die Autoren geben gegenüber Abenteuer Astronomie zu, dass sie ein konkretes Jahr nicht hätten hervorheben sollen. Die Grafik oben zeigt eine eigens angefertigte Neuberechnung für die ersten 1000 Jahre auf Basis des aktuellen Orbits der Oberstufe: In den ersten Jahren weichen die Erdnähen von der Abb. 1 im Paper ab, aber das Gesamtbild bleibt unverändert.
Für solche statistischen Untersuchungen werden zahlreiche „Klone“ des Himmelskörpers mit minimal variierten Bahnelementen auf virtuelle Reisen geschickt: Aus dem Schicksal dieses Ensembles lassen sich Wahrscheinlichkeiten für den Verbleib der echten Falcon-Heavy-Stufe ableiten. Wie man sieht, kann es immer wieder zu Erdnähen kommen – und weitere Bahn nach jeder hängt in extremem Maße von der Distanz ab: Die Entwicklung ist chaotisch im mathematischen Sinne, ein „random walk“ zwischen den Planeten, zu dessen Unbestimmtheit auch noch nichtgravitative Kräfte v.a. durch die Sonnenbestrahlung beitragen. Die Bahn von Oberstufe und Auto über Jahrhunderttausende ähnelt der mancher erdnahen Asteroiden, mit der Ausnahme, dass diese ihren Ursprung im Asteroidengürtel haben, die Stufe aber auf der Erde.Eine Kollision mit dem Heimatplaneten sind daher auch das wahrscheinlichste Ende der Reise: Bereits in der ersten Jahrmillion liegt die Chance dafür bei 6%, nach 3 Millionen schon bei 1:10. Es folgt die Venus: Trefferwahrscheinlichkeit 2,5% in der ersten Jahrmillion – Stürze auf den Mars und in die Sonne sind dagegen wesentlich unwahrscheinlicher wenn auch möglich. In ein paar Wochen dürften die Beobachtungen der Oberstufe zu einem Ende kommen, wenn die Helligkeit weit unter 20. Größe gefallen ist, mit der ersten noch halbwegs sicher vorhersagbaren Erdnähe danach im Januar 2047 in etwa 4 bis 5 Mio. km Abstand: Dann müsste sie Asteroiden-Suchprogrammen ins Netz gehen – und ihre vergangene und auch zukünftige Bahn mit einem Schlag viel genauer im Griff sein.
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