Lunar Transient Phenomena: Ein Mysterium wird systematisch erforscht

Lunar Transient Phenomena
Lunar Transient Phenomena

Jetzt geht es einem kosmischen Phänomen an den Kragen, das viele Eigenschaften mit den irdischen Kugelblitzen teilt: Es gibt eine Menge »anekdotische« Zufallsbeobachtungen über die Jahrhunderte und Ansätze theoretischer Erklärungen, die aber keineswegs komplett sind – und zugleich immer noch nagende Zweifel, ob nicht alles doch nur Einbildung und Artefakt ist. Gemeint sind die Transient Lunar Phenomena (TLPs), auch Moonblinks genannt: kurzlebige Helligkeitsveränderungen kleiner Gebiete auf dem Mond. Sie können von Sekunden bis Stunden dauern, von weniger als einem bis 100 Kilometer groß sein, und meistens handelt es sich um eine Aufhellung. Zuweilen werden aber auch Verdunklungen beschrieben oder Farbveränderungen, in Richtung rot oder violett. Fotografische (Bild: 1953) oder gar spektroskopische Aufzeichungen von TLPs sind leider die Ausnahme, wobei die superkurzen Blitze nach Meteoriteneinschlägen, die seit 1999 mit Videokameras schon etliche Male gefilmt wurden, nicht gemeint sind.

Astronomen um den US-Astronomen Arlin Crotts sind jetzt dem TLP-Phänomen gleich mehrfach auf der Spur, durch Statistik vergangener Beobachtungsberichte, deren Korrelation mit Orten vermuteter geologischer Restaktivität des Mondes – und speziellen Kameras, die den Mond permanent überwachen und ab September TLPs aufzeichnen sollen. Die Erkenntnisse bisher:

  • 50% der TLP-Berichte konzentrieren sich auf den Krater Aristarch und seine Umgebung und 16% auf Plato.
  • Das konsistente Auftreten der TLP-Sichtungen in begrenzten Gebieten deutet an, dass über 80% der Berichte real sind (wobei einige scheinbar populäre Gebiete wie der Krater Alphonsus aber herausfallen).
  • Die Orte der TLPs korrelieren stark mit Konzentrationen von Radon-222, die Detektoren auf Apollo 15 und 16 und dem Lunar Prospector fanden: Hier scheint der Mond noch immer auszugasen.

Die Hypothese von Crotts: Das austretende Gas wechselwirkt irgendwie mit dem Regolith, dem fein zerkleinerten Boden des Mondes, was auf mehrfache Weise zu einer kurzlebigen optischen Erscheinung führen könnte – aber nicht immer. Die Mechanismen bleiben letztlich rätselhaft, aber die Forschung hat nun eine gewisse Richtung bekommen. Und im Zusammenhang mit den 2007 bis 2009 kommenden Mondorbitern Asiens (Kaguya alias Selene soll den Reigen im August eröffnen) und der USA lassen sich spezielle Experimente planen.

Am wichtigsten ist es freilich, erst einmal die Statistik der TLPs zu verbessern und insbesondere Objektivität in die Sache zu bringen: Nachdem die TLPs Mitte der 1950-er Jahre populär wurden, sah man sie besonders häufig an den ausgewiesen »wichtigen« Stellen auf dem Mond … Auf dem Cerro Tololo in Chile haben Crotts und Mitarbeiter zwei Kameras eingerichtet, die auf den Mond nachgeführt werden und ihn ununterbrochen aufnehmen, auch am Tage. Eine hat 10 km/Pixel Auflösung und macht 5 Bilder pro Sekunde, die andere (hinter einem 6-Zöller) liefert alle 10 Sekunden ein Bild mit 1,2 km/Pixel. Automatischer Vergleich aufeinanderfolgender Bilder sollte noch schwache TLPs erkennen, die dem Auge entgingen. Die Anlage läuft schon und soll im September voll operationell sein: Es soll parallel mit Selene beobachtet werden, die ebenfalls einen 222Rn-Detektor trägt und aktuelle Ausgasungen sofort bemerken müsste. Auch andere Kameras (in der Hand von Amateuren?!) könnten sich nützlich machen – und helfen, eines der beständigsten Mysterien des Mondes endlich in die Mitte der aktuellen Forschung zu rücken.

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