80AE: der Himmelskörper mit dem fernsten Perihel

Die Bahnen von Sedna (orange) und 2012 VP113 (rot) um die Sonne, die vier Riesenplaneten (violette Bahnen) und der Kuipergürtel. Nicht gezeigt sind die elliptischen Bahnen von Bestandteilen des letzteren, die deutlich nach außen ragen. Sedna wie 2012 VP113 befinden sich derzeit mit 86AE bzw. 83AE Sonnenabstand nahe ihren Perihelien, sonst wären sie gar nicht zu entdecken gewesen. [Scott S. Sheppard/Carnegie Institution for Science]

Genau zehn Jahre ist es her, dass eine überraschende Verlautbarung dem Sonnensystem in einer bis dahin leeren Zone Zulauf bescherte: (90377) Sedna, rund 1000km groß, bewegt sich auf einer ausladenden Ellipsenbahn um die Sonne, der sie niemals näher als 76AE (Astronomische Einheiten – Abstände Erde-Sonne) kommt, während sie sich auf ihrem etwa 12000-jährigen Umlauf bis auf etwa 1000AE von ihr entfernt.

Der mysteriöse Himmelskörper nähert sich damit weder dem Kuipergürtel aus eisigen Brocken und Zwergplaneten zwischen 30AE und 50AE Sonnenabstand noch der Oortschen Wolke aus Kometenkernen an, deren Innenrand bei etwa 2000AE vermutet wird: Entstehungsort wie Reiseweg Sednas ins vermeintliche Niemandsland des Sonnensystems blieben unerklärlich. Vor allem blieb Sedna allein, allen intensiven Suchprogrammen zum Trotz – bis jetzt. Mit 2012 VP113 ist gewissermaßen eine zweite Sedna aufgespürt worden, mit einer noch etwas größeren Periheldistanz von 80AE, dafür aber einem geringen maximalen Sonnenabstand von 450AE und einer Periode von »nur« 4600 Jahren.

Mit dieser Entdeckung verändert sich das Bild des äußeren Sonnensystems: Sedna ist kein Exot mehr, den ein exotisches Einzelereignis auf eine ungewöhnliche Bahn katapultierte, sondern gehört zu einer neuen stabilen Population kleiner Körper, die zuweilen innere Oortwolke genannt wird – und vagen Hochrechnungen zufolge sogar reicher bestückt sein könnte als Kuipergürtel und Kleinplanetengürtel. Sedna dürfte sich bei ihrer Größe bereits durch die eigene Schwerkraft in Kugelform gebracht haben und wäre damit ein (wenn auch noch nicht amtlich registrierter) Zwergplanet, der Durchmesser von 2012 VP113 liegt dagegen irgendwo zwischen 300km und 1000km, womit es sich ebensogut um einen Zwergplaneten-in-spe wie einen unförmigen Kleinplaneten handeln kann.

Einem Verständnis von Natur und Ursprung dieser »Sednoiden« dürfte man nun langsam näherkommen – und sie werfen bereits die nächste Frage auf. Ein bestimmtes Bahnelement (das Argument des Perihels) der beiden nunmehr bekannten Vertreter dieser Klasse wie auch von bestimmten Transneptunen mit ausladenden Bahnen ist nämlich immer ähnlich. Das könnte bedeuten, dass hier die Schwerkraft eines hypothetischen Körpers von mehreren Erdmassen und hunderten AE Sonnenabstand ordnend eingreift: Selbst der vollständigen infraroten Himmelsdurchmusterung durch den WISE-Satelliten wäre solch eine extrem kalte Supererde entgangen.

Daniel Fischer

Originalarbeit:
de.slideshare.net/APODman2k/nature13156
Webseite des Entdeckers:
home.dtm.ciw.edu/users/sheppard/inner_oort_cloud
Hintergrund:
www.skyandtelescope.com/news/home/New-Object-Offers-Hint-of-Planet-X-252502851.html

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