Wie funktioniert eigentlich … die nachträgliche Schärfung eines Astrofotos?

Teilausschnitt der Milchstraße (unscharf/scharf) (Aufnahme: Peter Oden)

Das erste Mal wurde man sich in Amateurkreisen der Möglichkeit der nachträglichen Schärfung von Astrofotos bewusst, nachdem am 24. April 1990 mit der Space-Shuttle-Mission STS-31 das Weltraumteleskop Hubble in seinen Orbit gebracht wurde und die Qualität der ersten übertragenen Bilder einfach nur miserabel war. Erst drei Jahre später, nach Montage der Korrekturoptik COSTAR, lieferte Hubble Bilder, wie man sie sich von dem Teleskop eigentlich erhofft hatte. Doch schon zuvor veröffentlichte die NASA bereits eine Reihe von Bildern, die durch eine Nachbearbeitung mit Schärfungsalgorithmen zumindest brauchbar waren.

Da stellt man sich im ersten Moment doch die Frage, wie funktioniert das eigentlich? Ein unscharfes Bild ist doch unscharf, weil Bilddetails verwaschen und durch diverse Einflüsse über eine zu große Fläche verteilt worden sind. Dass eine nachträgliche Schärfung dennoch funktioniert, sieht man oft genug an deutlich verbesserten Bildern, aber die erforderlichen Schritte dahinter sind pure Mathematik und Datenverarbeitung.

In den Grafikbearbeitungsprogrammen der 1990er Jahre gab es erste Schärfungsalgorithmen, die für jeden Bildpunkt einen kleinen Prozentsatz seines Helligkeits- und Farbwertes von den Nachbarpunkten subtrahierten. Im Kern funktioniert jeder der heute üblichen Schärfungsalgorithmen nach diesem Prinzip, indem eine zusätzlich unscharf gemachte Kopie zu einem Teil vom Original subtrahiert wird. Dadurch versucht man generell, auch die originale Unschärfe möglichst gut zu entfernen.

Bei der eben erwähnten einfachen Lösung war besonders an Objekt-Rändern und Kanten eine deutliche Schärfung erkennbar, die insgesamt aber oft über das Ziel hinausschoss.

Abb. 1: Schärfung einer Mondaufnahme mittels der einfachen ‚Schärfen‘-Funktion (Peter Oden)

Störend hierbei sind neben dem relativ geringen Schärfungseffekt besonders bei kleinen Details oft sogenannte Überschwinger, wobei an den Kanten mit Hell-/Dunkelübergängen der eigentliche Übergang zwar schärfer wurde, aber im weiteren Kantenbereich das Helle weiter aufgehellt wurde. Eine Verbesserung der Schärfung wurde mit der sogenannten Unscharfen Maskierung erreicht. Hier wird eine Kopie des Originalbildes bewusst unscharf gemacht und dann vom Original subtrahiert. Mit den optimalen Werten für den Grad der gewählten zusätzlichen Unschärfe lassen sich hierbei bereits gute Schärfungsergebnisse erzielen. Die Neigung zu Überschwingungen bleibt allerdings bestehen.

Abb. 2: Schärfung einer Mondaufnahme mittels der ‚Unscharfen Maskierung‘ (Peter Oden)

Mit der Methode Hochpass-Schärfen werden in einer intern umgerechneten Darstellung des Bildes (im sogenannten ‚Frequenzraum‘) nur die hohen Frequenzen (dies entspricht den feinen Details des Bildes) verstärkt, was zu einer Schärfung des Bildes in feinen Details führt und die gröberen Bereiche unbeeinflusst lässt. Diese Methode ist deutlich unempfindlicher gegenüber Überschwingern.

Abb. 3: Schärfung einer Mondaufnahme mittels der ‚Hochpass-Schärfen‘-Funktion (Peter Oden)

Mit speziellen Filtern (Marr-Hildreth-Operator, wegen seiner Form auch gerne als Mexican-Hat-Filter bezeichnet) erreicht man eine Schärfung kleiner Details, ohne große Details allzu stark zu beeinflussen. Dieser Filter erzielt oft hervorragende Ergebnisse z.B. bei Planetenaufnahmen, neigt allerdings zu hochfrequentem Überschwingen, was sich ab einer bestimmten Stärke des Filters in einem störenden Raster im gesamten Bild niederschlägt.

Abb. 4: Schärfung einer Mondaufnahme mittels des Mexican-Hat-Filters (Peter Oden)

Mit speziellen Filtern lassen sich die spezifischen Unschärfen einer kompletten Aufnahmeeinrichtung vom Objektiv über Filter, Seeing usw. komplett bearbeiten, indem man anhand eines unscharfen Sterns, der ja im Idealfall punktförmig ist, die gesamte Unschärfe (‚Point-Spread-Function‘, PSF) im Bild definiert. Diese wird anschließend in einem iterativen Verfahren (am bekanntesten ist hier die Richardson-Lucy-Dekonvolution) versucht rückgängig zu machen, so dass ein Bild entsteht, indem man möglichst an die theoretische Schärfe herankommt.

Abb. 5: Schärfung durch iterative Dekonvolution mittels der Richardson-Lucy-Funktion (Peter Oden)

Insgesamt stehen dem Hobby-Astronomen heute zahlreiche Möglichkeiten zur nachträglichen Schärfung eines aufgenommenen Bildes zur Verfügung. Allerdings gilt auch hier oft weniger ist mehr, das heißt, man sollte mit den gegebenen Möglichkeiten sehr dezent und vorsichtig umgehen.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*