Zwergplaneten jenseits von Neptun sind »Plutoide«

Die beiden einzigen bisher anerkannten »Plutoids« nebst ihren Monden: Pluto mit Charon, Nix und Hydra und Eris mit Dysnomia. [IAU, NASA/ESA Hubble Space Telescope, H. Weaver (JHU/APL), A. Stern (SwRI), the HST Pluto Companion Search Team and M. Brown]
Diese Aufgabe war übrig geblieben nach dem turbulenten Abstimmungsmarathon zur Neuorganisation des Planetensystems auf der Vollversammlung der Internationalen Astronomischen Union (IAU) im August 2006 in Prag. Man hatte damals bekanntlich beschlossen, die nicht-kometaren Begleiter der Sonne in Planeten (8 Stück), Zwergplaneten (zunächst einmal 3) und Kleinplaneten einzuteilen, und – sozusagen zu Ehren des nun »nur« noch als Zwergplaneten geführten Pluto – all jene Zwergplaneten in seinem Bereich des Sonnensystems mit einem Extrabegriff zu kennzeichnen, der seine Rolle ihr Prototyp kennzeichnen sollte. Letzterer »Trostpreis« kam bei der Abstimmung glatt durch, doch der vorgeschlagene Ausdruck »plutonian objects« fand keine Mehrheit. Nach langen Diskussionen haben sich die für die Nomenklatur im Sonnensystem zuständigen Gremien der IAU jetzt auf »plutoids« geeinigt, was auf Deutsch wohl Plutoiden oder Plutoide geschrieben werden sollte. Ob dieser Begriff ebenso weite Verbreitung wie Zwergplaneten finden wird, wird sich noch zeigen müssen: Eigentlich ist er überflüssig, weil – mangels großer Asteroiden im Hauptgürtel – stets gelten wird: Plutoiden gleich Zwergplaneten minus Ceres. Viel interessanter ist da die Frage, wann denn die Zahl der Zwergplaneten bzw. Plutoiden endlich offiziell steigen wird: Mit den beiden nahezu Pluto-großen Transneptunen 2003 EL61 und 2005 FY9 gibt es schon lange zwei Anwärter, die selbst in der Fachliteratur zuweilen schon als Zwergplaneten angesprochen werden.

Hier hat die IAU noch keine Entscheidung getroffen, wohl aber die Weichen für schnelle Beschlüsse gestellt. Denn es wurde festgelegt, dass jeder neuentdeckte Transneptun, dessen Absoluthelligkeit größer als +1,0M ist, zunächst einmal als Plutoid betrachtet werden solle: Das bedeutet, dass nicht die Gremien, die sonst Unmengen von Kleinplanetennamen vergeben, für seine Taufe zuständig sind, sondern ein aufwändigerer Prozess in Gang gesetzt wird, um einen »ordentlichen« Namen zu garantieren (bei dem der Entdecker aber ebenfalls ein Vorschlagsrecht hat). Die beiden Kandidaten erfüllen mit Absoluthelligkeiten um 0 eindeutig dieses Kriterium und werden, wie der Chef der ganzen Prozedur, Ted Bowell, gegenüber interstellarum erläutert, wohl auch in Bälde zu Plutoiden-Ehren kommen. Sollte die weitere Forschung allerdings bei ihnen oder anderen Groß-Transneptunen zu dem Schluss gelangen, dass sie das zentrale ursprüngliche – und natürlich weiter geltende – Zwergplaneten-Kriterium nicht erfüllen, nämlich unter ihrer eigenen Schwerkraft ein hydrostatisches Gleichgewicht und ungefähre Kugelform angenommen zu haben, dann werden sie wieder zu normalen Kleinplaneten degradiert. Ihren ursprünglich verliehenen Namen würden sie in diesem Falle aber behalten. Wie nicht anders zu erwarten, brach nur Stunden nach der Mitteilung der IAU die 2006-er Debatte erneut aus, und die immer noch auf einer vollwertigen Planetennatur Plutos Beharrenden – inklusive des Chefs der Plutosonde New Horizons – gaben manch Unflätiges zu Protokoll. Dabei waren doch gerade sie es gewesen, denen die IAU mit der Kategorie der Plutoiden Trost spenden wollte…

Daniel Fischer

Stellungnahme des Entdeckers von Eris: www.mikebrownsplanets.com/2008/06/plutoid-fever.html
maria-ruiz

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