Zwei Mond-Orbiter sollen Hypothese der zwei Erdmonde testen

Am 8. September öffnet sich das Startfenster – mit täglich zwei ganz kurzen Startmöglichkeiten – für die nächste NASA-Mission zum Mond: GRAIL soll sich, wie der ausgeschriebene Name Gravity Recovery and Interior Laboratory schon andeutet, ausschließlich um das Innenleben des Mondes kümmern. Zwei Satelliten fliegen dabei in 50km Höhe in rund 200km Entfernung voneinander um den Erdtrabanten und messen ständig ihren Abstand voneinander und von der Erde mit höchster Präzision: Nähern sie sich einer unterirdischen Massenverdichtung, wird der voran fliegende stärker beschleunigt, und der Abstand nimmt zeitweise zu, bis es auch den zweiten gepackt hat. Mit derselben Technik vermessen bereits seit 2002 die beiden GRACE-Satelliten das Schwerefeld der Erde mit weit höherer Genauigkeit als es die Bahnverfolgung nur eines Satelliten vermöchte – und nun soll das Verfahren zum ersten Mal aus den Aufbau des Erdmondes und mit letztlich auch seine Vergangenheit aufklären (wenn auch erst ab kommendem Jahr, wenn die Satelliten nach vielen Manövern ihren Tandem-Orbit eingenommen haben). GRAIL hat dabei vor einem Monat überraschend eine neue Hausaufgabe bekommen: Die Mission sollte eine erstaunliche Hypothese testen helfen, die die ungewöhnliche Dichotomie des Mondes erklären soll.

Während die Vorderseite des Erdtrabanten relativ flach ist und von den großen Lava-Ebenen dominiert wird, ist die Rückseite sehr gebirgig und verkratert. Interne wie externe Effekte sind schon als Ursache diskutiert worden, aber eine klare Antwort fehlt. Das neue Szenario lässt nun aus den Trümmern der großen Kollision, aus der – nach in den vergangenen 25 Jahren weithin akzeptierter Meinung – der Mond hervorging, nicht einen, sondern zwei verschieden große Proto-Monde entstehen. Der 1300km große Begleitmond könnte in einem Trojaner-Punkt des Erde-Hauptmond-Systems einige Millionen Jahre abkühlen und chemisch entwickeln, bevor er mit nur 2m/s bis 3m/s auf dem noch heißeren Hauptmond »aufsetzt«. Hydrodynamische Rechnungen zeigen, dass dabei kein Krater wie bei einem typischen Impakt entsteht, sondern stattdessen ein gewaltiger Schutthaufen: Genau das könnte die Erklärung für die mysteriösen Hochländer sein, die durch Rotationseffekte schließlich auf der erdabgewandten Seite landeten. Der beste Test für diese Hypothese wäre die Beschaffung von Bodenproben der Rückseite, was aber vorerst nicht geplant ist – die Vermessung ihrer Dichte durch GRAIL könnte aber ähnlich aussagekräftig sein. Der Chefwissenschaftlerin GRAILs, Maria Zuber, kam die Hypothese bei der ersten Lektüre erst »haarsträubend«, aber dann immerhin plausibel vor, wie sie auf einer Pressekonferenz erklärte: Vielleicht wird sie ja bald den Beweis dafür antreten.

Daniel Fischer

GRAILs Homepage:
moon.mit.edu
Pressemitteilung:
www.kommunikation.unibe.ch/content/medien/medienmitteilungen/news/2011/mond
Weitere Pressemitteilung:
news.ucsc.edu/2011/08/big-splat.html
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