Zurückkehrende Stardust-Kapsel eine künstliche Feuerkugel

Stardust-Kapsel

Wenn in den Morgenstunden des 15. Januar die Rückkehrkapsel der NASA-Raumsonde Stardust mit Staub aus der Koma des Kometen Wild 2 in die Erdatmosphäre eintritt, dann ist sie mit 12,8 km/s so schnell wie mancher natürliche kosmische Körper, der die Erde trifft. Aber diesmal weiss man genau, wann und wo es passieren wird, und das soll ausgenutzt werden: Während von einem sensorgespickten Flugzeug aus professionelle Impaktexperten alle Phasen des schnellsten Eintritts eines künstlichen Himmelskörpers aller Zeiten aufzeichnen wollen, sind Amateurastronomen in den betroffenen Bundesstaaten im Westen der USA gleichfalls zu Beobachtungen aufgerufen. Um 6:57 MEZ sollte das Mutterschiff (auf dem übrigens ein deutscher Staubanalysator sitzt) die Kapsel abwerfen, die vier Stunden später – um 10:56:39 MEZ nach den letzten Berechnungen – in 125 km Höhe über dem Pazifik auf die Atmosphäre trifft.

Bis zu venushell aufglühend wird sie dann über den Himmel Kaliforniens und Nevadas ziehen: Aus idealer Position (100 km Abstand, Blick auf die glühende Unterseite) könnten es sogar für kurze Zeit -9m werden. Ebenfalls gerechnet werden darf mit einem ausgeprägten Überschallknall. In 60 km Höhe dürfte die grösste Hitze herrschen, auf 32 km wird schliesslich ein kleiner und in 3 km Höhe der Hauptfallschirm geöffnet, auf dass die Kapsel um 11:12 MEZ sanft in einem Testgelände in Utah kurz hinter der Grenze Nevadas aufsetzen möge; nur 10 bis 15 Minuten später sollte sie dann schon von Bergungshubschraubern erreicht sein. Die Beobachtungen ihres feurigen Fluges durch die Atmosphäre könnten bis dahin bereits eine ganze Reihe Informationen geliefert haben, von den chemischen Prozessen, in in einem Meteor ablaufen über das Verhalten des Hitzeschilds der 46-kg-Kapsel bis zu möglichen Konsequenzen für den Hitzeschutz des Shuttle-Nachfolgers CEV. Der Hitzeschild der Kapsel besteht nämlich aus einem Material auf Kohlenstoffbasis, PICA (phenolic-impregnated carbon ablator), das immerhin einer der Kandidaten für das Crew Exploration Vehicle ist, wenn auch nicht der derzeit führende.

Während der Abbremsung in der Atmosphäre wird das Material teilweise aufgelöst, und der Kohlenstoff kann bei der großen Hitze von bis zu 3100 Kelvin mit den Molekülen der Luft neue Verbindungen eingehen: Die Beobachtung dieser Vorgänge ist damit nicht nur für die Raumfahrttechnik interessant, sondern sogar für die Exobiologie. Denn ähnliche chemische Prozesse bei natürlichen Meteoren könnten eine Rolle bei der Anlieferung von Grundbausteinen des Lebens auf die Erde gespielt haben – sagt jedenfalls der (ursprünglich aus den Niederlanden stammende) Exobiologe und Meteorspezialist Peter Jenniskens, der bereits zum zweiten Mal die Beobachtung eines Wiedereintritts aus der Luft organisiert. Schon im September 2004 war er mit einem anderen Flugzeug bereit, als die Kapsel der Genesis-Mission mit Proben des Sonnenwinds zurückkam und immerhin 11 km/s erreichte. Das ganze endete bekanntermassen in einer Bruchlandung, und auch die Beobachtungen des künstlichen Meteors waren nur bedingt erfolgreich, weil die Spektrografen mit kleinem Gesichtsfeld nicht korrekt ausgerichtet waren. Diesmal wurde so viel Arbeit die Vorbereitungen gesteckt, dass es einfach klappen muss …

Daniel Fischer

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