Die Lichtkurven der 150000 Sterne, die der Kepler-Satellit mehrere Jahre überwachte, sind bisher von speziellen Such-Algorithmen für sich periodisch wiederholende Helligkeitseinbrüche und von den Augen vieler Wissenschaftler und freiwilliger Bürgerforscher durchsucht worden – die Entdeckung von rund 2500 Exoplaneten war das Ergebnis. Jetzt hat sich auch ein Neuronales Netzwerk über einen Teil der Daten her gemacht – und dabei bei Kepler-80 einen 6. und bei Kepler-90 sogar einen 8. Planeten nachgewiesen, deren schwache Transitsignale bislang übersehen worden waren. Ein neues Fenster in die Welt der Exoplaneten – klein und sternfern, wie auch die Erde – beginnt sich zu öffnen.
Neuronale Netze sind eine Variante des Maschinen-Lernens, bei dem der Computer-Algorithmus vage die Funktionsweise des menschlichen Gehirns nachbildet. Dem System werden Daten gezeigt, die bereits – üblicherweise von Menschen – klassifiziert worden sind, und es verinnerlicht allmählich die Kriterien, die beispielsweise auf Bildern Katzen und Hunde unterscheiden. Solch „überwachtes Maschinen-Lernen“ ist nun erstmals auf Daten aus der Primärmission des NASA-Satelliten Kepler angewendet worden: In den Lichtkurven der permanent überwachten Sterne sind bereits rund 35000 Signale, wenn vermutlich ein Planet vor ein Sternscheibchen zog, markiert worden. Nachdem der Computer „verstanden“ hatte, wie die sichersten 15000 dieser Transits aussahen, und sie mit großer Sicherheit erkannte, wurde er auf 670 Kepler-Lichtkurven von Sternen losgelassen, wo bereits Planeten im Transit nachgewiesen worden waren. Und siehe da: Bei Kepler-80 entdeckte er einen sechsten Planeten (der mit fünf anderen eine Resonanz-Kette bildet) und bei Kepler-90 gar einen achten. Dieses Planetensystem ist damit das erste, das mit dem Sonnensystem und seinen acht Planeten gleich gezogen hat – und weil Kepler aufgrund der begrenzten Missionsdauer nur Planeten relativ nah an diesem Stern nachweisen kann, ist es sogar ziemlich wahrscheinlich, dass Kepler-90 mehr Planeten als das Sonnensystem besitzt.
Bislang spielten Neuronale Netze bei der Exoplaneten-Jagd keine nennenswerte Rolle, halfen nur in einem Fall etwas bei der Überprüfung von Datenqualität: Kepler-80g und Kepler-90i sind die ersten beiden Planeten-Entdeckungen (inzwischen statistisch validiert und daher mit größter Wahrscheinlichkeit real) durch solch ein System. Noch lässt es sich etwas zu oft in die Irre führen (zu viele falsche ‚Funde‘), aber nach weiterer Verbesserung soll es auf die Gesamtheit der Kepler-Fotometrie los gelassen werden: Es dürfte für schwache Transitsignale (von kleinen Planeten) effizienter als alle bisherigen Suchmethoden sein. Damit sollte sich das Diagramm der Kepler-Planeten (unten) gleichmäßiger füllen und die Realität in der Milchstraße korrekter beschreiben.Der Trainings-Datensatz wie auch die gesamte Kepler-Fotometrie sind verglichen mit manch anderer Aufgabe der Big-Data-Analyse klein, Supercomputer sind nicht erforderlich, und schon bessere Tischrechner können hier im Prinzip mitmachen. Das wiederum könnte ‚Bürgerforscher‘ ins Boot holen, die sich mit Maschinenlernen auskennen. Und auch sonst ist die Zeit der Amateur-Planetenjäger noch nicht vorbei, hieß es heute auf einer Telefonkonferenz: Neuronale Netze sind schlecht darin, exotische Signale wie etwa die mutmaßlichen Kepler-Kometen zu erkennen, die prompt von einem Amateur gefunden wurden. Es gibt zwar auch auch völlig freies – unüberwachtes – Maschinenlernen, aber das hat bisher in der Astronomie wenig gebracht.
LINKS:
Originalarbeit: https://www.cfa.harvard.edu/~avanderb/kepler90i.pdf
Videoclips und Bilder zur Telecon: https://www.nasa.gov/ames/kepler/briefing-materials-eighth-planet-circling-distant-star-discovered-using-artificial-intelligence
NASA Press Release: https://www.nasa.gov/press-release/artificial-intelligence-nasa-data-used-to-discover-eighth-planet-circling-distant-star
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