Seit einiger Zeit sind Okulare – nicht ganz preiswert – am Markt erhältlich, die einen 3D-Effekt für die beobachteten Objekte versprechen. Ehe wir uns der Frage widmen, wie 3D-Okulare funktionieren können, ist ein kleiner Exkurs nötig, wie die Kombination aus menschlichem Auge und Gehirn überhaupt zu einer 3D-Wahrnehmung kommen kann.
Wenn man sich in seinem Umfeld – mit beiden Augen geöffnet – einmal umschaut, so kann man einwandfrei erkennen, welche Objekte näher und welche weiter entfernt sind. Schließt man ein Auge, so dass man nur noch mit einem Auge schaut, verschwindet dieser Effekt. (In einem geringen Grad kann man im Nahbereich auch mit einem Auge noch feststellen, welches Objekt näher zu einem selbst liegt, indem man den unterschiedlichen Muskeltonus zur Fokussierung bewertet). Aber der echte visuelle 3D-Effekt ist auf jeden Fall verschwunden.
Dieser Effekt kommt daher, dass die beiden menschlichen Augen leicht unterschiedliche Bilder wahrnehmen, wobei naheliegende Objekte vor dem weiter entfernt liegenden Hintergrund etwas verschoben wahrgenommen werden. Dieser Effekt heißt Parallaxe und entsteht durch die leicht veränderte Position der beiden Augen.
In großem Maßstab wurde dieser Effekt früher bereits in der Astronomie für die Entfernungsmessung sonnennaher Sterne benutzt. Auch wenn hier nicht der Abstand der beiden Augen, sondern die Position der Erde auf zwei gegenüberliegenden Punkten ihrer Umlaufbahn um die Sonne – also ein vergleichsweise riesiger Abstand – genutzt wurde, ist der Effekt aufgrund der enormen Entfernungen dennoch gering. Für den sonnennächsten Stern Proxima Centauri beträgt dabei die Differenz zwischen den unterschiedlichen Sichtwinkeln lediglich 0,78 Bogensekunden.
Wie können nun spezielle Okulare bei noch viel weiter entfernt liegenden Objekten einen 3D-Eindruck erzeugen? Die Antwort liegt auf der Hand: in Wirklichkeit gar nicht, der visuelle Eindruck ist natürlich lediglich simuliert.
3D-Okulare (entwickelt von Russ Lederman und angeboten von der Firma Denkmeier Optical) werden immer paarweise in einem Bino-Viewer benutzt. Das eine der beiden Okulare ist ein sehr gutes Standard-Okular, das andere dagegen – ansonsten identisch aufgebaut – hat auf seiner Innenseite 5 kleine Glasplättchen aufgebracht.
Die vier äußeren Plättchen sind kleine Prismen, das mittlere Plättchen ist eben und dient nur dem optischen Ausgleich. Da die menschlichen Augen horizontal angeordnet sind, nehmen sie auch nur in dieser Ebene den 3D-Effekt wahr. Das betroffene Okular muss immer so eingestellt sein, dass die Plättchen senkrecht/waagerecht angeordnet sind.
Das Objekt in der Bildmitte bleibt aufgrund des Plättchens mit planparallelen Oberflächen unbeeinflusst, während das jeweils linke und rechte Plättchen aufgrund der leichten prismatischen Wirkung das Feld links und rechts vom Objekt etwas seitlich in die gleiche Richtung verschieben. Dies wiederum entspricht genau dem parallaktischen Effekt des beidäugigen Sehens und im Auge/Gehirn entsteht ein dreidimensionaler Effekt, also ob das beobachtete Objekt vor dem Hintergrund schwebt. Das obere und untere Plättchen bleiben hierbei wirkungslos.
Dreht man jedoch dieses Okular um 90 Grad, so wirken jetzt diese beiden anderen Plättchen und die vorherigen beiden haben keine direkte optische Funktion mehr. Auch diese beiden Plättchen sind flache Prismen, die jedoch genau anders herum geneigt sind wie das andere Paar und dadurch entsteht der umgekehrte dreidimensionale Effekt. In einer Stellung schwebt das beobachtete Objekt vor dem Sternenhintergund, in der anderen Position dann dahinter.
Auch wenn der Eindruck nur simuliert ist, sprechen viele Beobachter von einer geradezu spektakulären Wirkung, während manche andere den Effekt weniger wahrnehmen oder teilweise auch als störend empfinden.
Hinweis der Redaktion: Lesen Sie dazu auch den kritischen Praxis-Check von Ronald Stoyan in Heft 12 von Abenteuer Astronomie (S. 50-53).
Linktipp: Ronald Stoyans Praxis-Check ist der 3D-Okulare auch als 4-seitiger-Pdf-Download im Oculum-Shop erhältlich.