Meldungen aus der Forschung

Vorwarnung: exotische Sternfinsternis im September?

Im kommenden September ist das Sternbild Orion schon wieder in der zweiten Nachthälfte zu beobachen – und ein Stern normalerweise 10. Größe in der Nähe des Gürtels könnte dann eine mehrere Tage dauernde und ziemlich komplexe Verfinsterung ( Sternfinsternis ) erleben, zu deren Beobachtung auch Amateurastronomen aufgefordert sind: So sagt es jedenfalls ein gerade publiziertes Modell voraus, das zwei derartige Verfinsterungen 2008 und 2011 mit einem ausladenen Ringsystem um einen Begleiter des Sterns erklärt.

Das System PDS 110 in einer sehr fantasievollen Darstellung, mit dem angenommenen Planeten oder Braunen Zwerg samt Ringen im Vordergrund, während hinten ein Staubring um den Stern glüht. [University of Warwick]
Er heißt PDS 110, hat eine Helligkeit im Visuellen von 10.4m und den seltenen Spektraltyp Fe/Ge und steht bei 5h 23m 31s und -1°04’24“ (2000.0) ziemlich genau 1000 Lichtjahre entfernt in der Assoziation Ori OB1a. In diesem Sternentstehungsgebiet haben sie sich vor etwa 10 Mio. Jahren gebildet hat: nicht nur ein einfacher Stern, sondern noch mindestens zwei Staubscheiben, die sich durch starke Infrarotstrahlung verraten – und ein vermutlich kompakter Begleiter, der wiederum über ein verkipptes System aus zahlreichen Ringen verfügt (Grafiken oben). Anders können sich die Beobachter der Himmelsüberwachungen mit Weitwinkeloptiken WASP und KELT jedenfalls nicht erklären, warum es im November 2008 und Januar 2011 zu jeweils rund 25 Tage dauernden Verfinsterungen von PDS 110 um bis zu 26% gekommen ist (Lichtkurven unten), die relativ ähnliche Profile hatten, aber um genau 808 Tage gegeneinander versetzt. Wären da nur umlaufende Staubklumpen, dann hätte sie Scherung – die Keplerschen Gesetze erzwingen nun einmal, dass sternnäheres Material schneller umläuft – in der Zwischenzeit auseinander gezogen, und das Muster hätte sich nicht wiederholt.
Oben die Photometrie der beiden Minima von 2008 (gelb) und 2011 (blau) gegen die Zeit in Tagen relativ zur Mitte, unten ein mögliches Modell der Ringe (rote Ellipsen), das bei der Passage vor dem Sternscheibchen (das als grüner Streifen erscheint) die Helligkeitsschwankungen verursacht haben könnte (grüne Kurve oben). [Osborn et al.]
Die beste Annahme daher: ein sekundärer Körper von 1,8 bis 70 Jupitermassen, d.h. ein Planet oder ein Brauner Zwerg, auf den es allerdings keinerlei direkte Hinweise gibt, mit einer 0,3 au (Astronomische Einheiten à 149,6 Mio. km) großen Scheibe von einiger Feinstruktur, der in 2 au Abstand um den Stern läuft. Ein Charakteristikum der Lichtkurven sind scharfe Gradienten: Die Strahlung von PDS 110 wird sehr plötzlich dunkler und wieder heller, die Ringstruktur muss also Lücken mit ziemlich harten Kanten besitzen. Bilden sich hier gerade Monde? Obwohl es jede Menge Fotometrie von WASP, KELT und auch anderen Teleskopen gibt, wurden bis auf die beiden gezeigten Fälle alle anderen zu erwartenden Verfinsterungen verpasst: Die vorhandenen Daten schließen aber zumindest aus, dass das verfinsternde Objekt schneller – alle 1,1 oder 0,73 Jahre o.ä. – um den Stern läuft. Wenn also der Ring stabil und die Periode wirklich 808±2 Tage ist, dann sollte sich die nächste Verfinsterung vom 9. bis 30. September 2017 ereignen: Da der Stern dann jede Nacht nur ein paar Stunden zu sehen ist, ergeht der Aufruf an Beobachter rund um den Globus, ihn in diesem und besser noch größerem Zeitraum zu überwachen, um gemeinsam eine noch bessere Lichtkurve zu erstellen.

LINKS:
Originalarbeit: https://arxiv.org/abs/1705.10346
Press Release der Uni Warwick: http://www2.warwick.ac.uk/newsandevents/pressreleases/giant_ringed_planet
Aufsuchkarten: http://www.skyandtelescope.com/astronomy-news/help-astronomers-track-giant-ringed-planet

Daniel Fischer

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Daniel Fischer

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