»Volkskamera« auf dem neuen Marsorbiter: Einladung zum Mitforschen

Kamera

Mit dem erfolgreichen Einschuss des Mars Reconnaissance Orbiter in die Umlaufbahn am 10. März wird es nicht nur für die NASA-Forscher interessant: Schon vor Jahren wurde die schärfste der drei Marskameras an Bord, HiRISE, zur »Volkskamera« (People’s Camera) erklärt, mit der sich die Öffentlichkeit intensiv beschäftigen möge. Das High Resolution Imaging Science Experiment ist die leistungsfähigste Teleskopkamera, die je zu einem anderen Planeten geflogen wurde (Bild), mit unerreichter Auflösung auf dem Boden – aber sie kann in den zwei bis vier Jahren wissenschaftlichen Betriebs nur einen winzigen Teil der Marsoberfläche ins Visier nehmen. Natürlich haben die HiRISE-Forscher längst eigene Vorstellungen, wo der Mars am interessantesten sein dürfte – aber jeder ist eingeladen, selbst Ziele vorzuschlagen! Und dann auch bei der Auswertung der Datenflut – die so zeitnah wie möglich öffentlich werden soll – tatkräftig mitzuhelfen.

HiRISE hat einen Hauptspiegel von 50 cm Durchmesser und ein Bildfeld von 1,15°, was 6 km auf dem Boden entspricht: Quer durch die gesamte Fokalebene bilden zehn rotempfindliche CCD-Zeilendetektoren (550 bis 850 nm) eine Linie mit 20 028 Pixeln, dazu sitzen in den mittleren 20% des Feldes je zwei für blaugrünes und nahinfrarotes Licht. Aus 300 km Höhe – die endgültige Flugbahn soll nach Abschluss des Aerobrakings 320 × 255 km hoch sein – entsprechen einem Pixel 30 cm auf dem Boden: Das ist doppelt so gut wie bei jedem früheren Marsorbiter bei Nahaufnahmen unter Spezialbedingungen. Und was die Erfassung ausgedehnterer Gebiete betrifft, so waren selbst die besten älteren Orbiter fünfmal schlechter. Da man typischerweise drei Pixel benötigt, um die Form einer Struktur erkennen zu könne, beträgt die effektive Auflösung – ausreichenden Kontrast vorausgesetzt – rund einen Meter. Während der zweijährigen Primärmission von November 2006 bis Dezember 2008 sollte HiRISE hunderte Vollbilder mit 20 000 × 40 000 Pixeln und tausende kleinere Bilder liefern, die zusammen etwa 1% der Marsoberfläche mit 1 bis 2 m Auflösung abdecken.

Wer ein Ziel vorschlagen will, muss in einer Webmaske (angelehnt an MarsoWeb) die Koordinaten eingeben oder einen Rahmen auf einer Marskarte ziehen – und die Auswahl muss auch explizit begründet werden! Ausserdem soll sich der Vorschlagende einige Gedanken über die nötige Auflösung, die gewünschten Farbkanäle, die beste Jahreszeit usw. machen: Natürlich werden die Wünsche von echten Marsexperten geprüft, bevor sie in die engere Wahl kommen. Dass aber untrainierte doch enthusiastische Laien mit solch einer Aufgabe zurechtkommen werden, davon sind die HiRISE-Forscher überzeugt: Vor fünf Jahren schon suchten im Rahmen des Clickworkers-Projekts 80 000 Freiwillige nach Marskratern auf Orbiteraufnahmen, und ihr gemeinsamer Katalog unterschied sich kaum vom »offiziellen«, den eine Profi-Planetologin erstellt hatte. Das Clickworkers-Projekt soll im Rahmen des MRO ebenfalls wieder aufgelegt werden, jetzt zur gemeinsamen Analyse der gewaltigen Datenmengen des Orbiters: Man hofft schliesslich, dass er 10-mal so viele Daten liefern wird, wie alle früheren Marsmissionen zusammengenommen.

Daniel Fischer

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