Meldungen aus der Forschung

Theoretisch vorausgesagter Sterntyp erstmals identifiziert

Theorien über die Existenz von Weißen Zwergen, deren Inneres quasi nach Außen gestülpt ist, gab und gibt es einige. Allein, der tatsächliche Fund eines solchen Exemplares stand buchstäblich noch in den Sternen. Der Nachweis eines solchen Exoten scheint nun aber gelungen.

Weiße Zwerge (white dwarfs) sind kompakte Objekte, die sich am Ende der Entwicklung von Sternen mit etwa einer Sonnenmasse bilden. Neben vielem Bemerkenswerten zählt bei dieser Sternklasse auch ihr physikalisches Auftreten. Weiße Zwergsterne besitzen in etwa die Größe der Erde, vereinigen aber eine gesamte Sonnenmasse in sich. Sie sind daher sehr kompakte, dichte Himmelskörper mit einer Oberflächentemperatur von bis zu 30000 Grad Celsius. Sie stellen das Endstadium der Entwicklung eines relativ massearmen Sterns, dessen nuklearer Energievorrat versiegt ist, dar. Nachdem ein Stern wie die Sonne zum Roten Riesen expandiert und in der finalen Lebensphase die äußeren Hüllen abstößt, bleibt nur der heiße Kern zurück. In Weißen Zwergen läuft also keine thermonukleare Fusion mehr ab, so dass sie langsam auskühlen. Und das selbst in astronomischen Maßstäben. Diese erste Abkühlphase kann durchaus mehrere Milliarden Jahre lang andauern. Danach werden sie zunächst Rote Zwerge (Oberflächentemperatur etwa 3000 Grad Celsius) und schließlich Schwarze Zwerge und somit Form baryonischer Dunkler Materie. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Restmasse der Sternleiche unterhalb eines gewissen Schwellenwertes liegt. Grob beläuft sich dieser auf ca.1,44 Sonnenmassen, der sogenannten Chandrasekhar-Grenze. Anderenfalls entsteht nach einem Supernova-Ausbruch ein Neutronenstern oder bei noch höherer Kernmasse gar ein Schwarzes Loch.

Im Kern von Weißen Zwergen dominieren schwere Elemente [ Travis Metcalfe und Ruth Bazinet, Harvard-CfA.]
Klassischen Theorien zufolge, wird der Kern eines weißen Zwergsterns von schweren Elementen wie beispielsweise Sauerstoff dominiert. Den Grund dafür liefert der sterbende Stern selber. Während im Stadium des Roten Riesen aufgrund weiträumiger Konvektionsströmungen eine erhebliche Durchmischung des Sterninneren auftreten kann, werden in einem Weißen Zwerg die chemischen Elemente sehr stark nach ihrem Atomgewicht getrennt. Aber ohne weitere nukleare Energieerzeugung stellt sich im Kern kein ausreichendes Temperaturgefälle mehr ein, um die Konvektion dort noch aufrechtzuerhalten. Somit können die schweren Atomkerne relativ ungestört zum Zentrum hin absinken. Es bildet sich insofern ein Kern heraus, dessen innerer Teil von Sauerstoff und dessen äußerer Teil von Kohlenstoff dominiert wird. Leichtere Elemente fehlen im Kern nahezu ganz.

Nach außen schließt sich eine Heliumschicht an, deren Masse man sich mit 10−4 Sonnenmassen vorstellen muss.  Bei etwa 20 % aller Weißen Zwerge bildet diese Heliumschicht die äußerste Zone. Etwa 80 % aller Weißen Zwerge besitzen jedoch zusätzlich noch  eine Schicht aus praktisch reinem Wasserstoff, die allerdings noch dünner als die Heliumschicht ausgeprägt ist. Nahezu die gesamte Masse – mindestens 98,99 % – ist also im Sauerstoff-Kohlenstoff-Kern vereint.

Mit dem Weißen Zwerg SDSSJ1240+6710 ist jetzt erstmalig ein Vertreter dieses Sternklasse ausfindig gemacht worden, dessen Atmosphäre fast vollständig aus Sauerstoff besteht. Theoretische Vorhersagen zu solch einer Ausprägung gab es schon seit einiger Zeit, Nachweise indes nicht.

Vermutlich hat es in dem Entstehungsprozess von SDSSJ1240+6710 einen Mechanismus gegeben, der dafür sorgte, dass sich die äußeren Schichten, wie die Helium- oder Wasserstoffschicht, vom Kern lösten. Auffällig ist auch der Fund von Silizium im Spektrum des Sterns. Er legt nahe, dass zwischenzeitlich selbst so schwere Elemente wie Sauerstoff „verbrannt“ werden. Allerdings läge vor diesem Hintergrund der Kollaps zu einem Neutronenstern nahe, was aus den vorhandenen Daten jedoch nicht abgeleitet werden kann. Ein Grund könnte sein, dass es sich die Kernmasse dieses Weißen Zwerges just haargenau unterhalb der Grenze eingependelt hat, ohne die die Bildung eines Neutronensterns nicht erfolgen kann. Ein weiterer Ansatz bringt  einen zweiten Stern und damit ein binäres System ins Spiel. In jedem Fall ist diese Art der Sternentwicklung äußerst selten. SDSSJ1240+6710 ist unter den 32000 bekannten Exemplaren der einzige Weiße Zwerg seiner Art.

Lars-C. Depka

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