Teilt sich seit Jahrmilliarden ein Asteroid aus einem anderen Planetensystem den Raum mit dem Jupiter? Entdeckt wurde das Objekt 2015 BZ509 bereits vor drei Jahren, aber nun sorgt eine – in der Essenz mit 4 Seiten Länge ausgesprochen knappe – Forschungsarbeit für Aufsehen: Simulationsrechnungen sollen beweisen, dass dieser Körper dem Sonnensystem vor langer Zeit ‚zugelaufen‘ ist und vom Jupiter eingefangen wurde. Aber viele Planetenforscher sehen das anders.
Das Argument in der neuen Arbeit ist dieses: 2015 BZ509 läuft mit einer Bahnneigung von 163° praktisch falsch herum um die Sonne, wobei die große Halbachse der Bahn 5,1 Astronomische Einheiten (Abstände Erde – Sonne) beträgt und ihn damit zu einem Nachbarn des Riesenplaneten Jupiter macht. Die beiden kommen sich zwar regelmäßig nahe (der Asteroid hat mit 0,38 eine etwas elliptische Bahn), aber diese Konfiguration ist verblüffend stabil, wie schon bald erste kleine Simulationsrechnungen zeigten. Und nun auch eine ziemlich große: Eine Million „Klone“ von 2015 BZ509 – mit minimal variierten Bahndaten – wurden im Computer auf die Reise durch die Zeit geschickt, unter dem Einfluss der Schwerkraft der anderen Planeten. Vielen der Klone bekam das nicht gut, und sie verabschiedeten sich bald – aber als die Simulationen bis zum Beginn des Sonnensystems vor 4,5 Mrd. Jahren zurück gelaufen waren, gab es immer noch derer 46 – und 60% von ihnen hielten sich weiter auf ganz ählichen Bahnen wie 2015 BZ509 heute auf (in den Grafiken jeweils unten jweils die Häufung ganz links).
Für die Autoren der neuen Arbeit bedeutet diese Tatsache, zusammen mit der Entdeckungswahrscheinlichkeit für solch einen Himmelskörper heute, dass 2015 BZ509 offenbar schon immer Teil des Sonnensystems war. Und da es keinen plausiblen Mechanismus gäbe, wie er auf seine retrograde Bahn gelangt sein könne, müsse es sich um einen Besucher aus einem anderen Planetensystem handeln, der dort entlaufen, aus einer zufälligen Richtung ins Sonnensystem eingedrungen und dann von Jupiter eingefangen worden war. Aber wie dieser Einfang funktioniert haben soll, das diskutiert die kurze Arbeit nicht – und viele Planetenforscher kritisieren nicht nur dieses Versäumnis sondern ziehen generell ihre Herangehensweise in Zweifel. Eben weil viele der Klone bei der Rückwärtsrechnung rasch verschwinden, solle man sich lieber auf Prozesse konzentrieren, die 2015 BZ509 vor vergleichsweise geringer Zeit auf seine kuriose Bahn gebracht haben. Wie wäre es zum Beispiel mit einem inaktiven Kometen aus der Oortschen Wolke, der unter Jupiters Einfluss hängen blieb? Oder der hypothetische Planet Neun könnte mal wieder seine Schwerkraft-Hand im Spiel gehabt haben, um die Bahnebene eines Asteroiden zu kippen. Schon gibt es den Ruf nach noch viel aufwändigeren Computersimulationen: Zumindest als Provokation hat die neue Arbeit ihren Zweck erfüllt.
LINKS:
Originalarbeit: https://academic.oup.com/mnrasl/article/477/1/L117/4996014
RAS Press Release: https://www.ras.org.uk/news-and-press/3126-first-interstellar-immigrant-discovered-in-the-solar-system
Analyse von 2017: http://www.astro.uwo.ca/~wiegert/papers/2017Nature-commentary.pdf
Kritische Stimmen: https://news.nationalgeographic.com/2018/05/interstellar-asteroid-jupiter-bz509-astronomy-space-science
Mehr Debatte: https://www.scientificamerican.com/article/astronomers-spot-potential-interstellar-asteroid-orbiting-backwards-around-the-sun
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