Solch eine Situation gab es noch nie, und deswegen lassen sich die Konsequenzen auch nur vage abschätzen: Am 1. September 2007 um 11:37 UTC ±20 Minuten wird die Erde mitten durch einen Staubstreifen rasen, den der langperiodische Komet C/1911 N1 (Kiess) bei seiner letzten Annäherung an die Sonne vor rund 2100 Jahren abgesondert hat. Auf diese Konstellation hatten Lyytinen & Jenniskens bereits vor einigen Jahren hingewiesen (Icarus 162 [2003] 443-52), jetzt haben Jenniskens & Vaubaillon die Umstände noch einmal im Detail durchgerechnet, unter Benutzung eines echten Modells der Staubfreisetzung aus dem Kometenkern und der drei bisher beobachteten Meteorschauer, die dieser Staub verursachte. Die Autoren – für die Mathematik zeichnete überwiegend Vaubaillon verantwortlich – erwarten einen ingesamt etwa 2 Stunden langen Ausbruch des Meteorstroms der Aurigiden mit ungewöhnlichen Eigenschaften. Es sollte – so Jenniskens in einem kurzfristig ins Programm aufgenommenen Vortrag auf der IAU-Tagung in Prag am 18. August – mindestens 400 Meteore pro Stunde geben, mit Helligkeiten durchweg zwischen +1m und 0m.
Die große; Helligkeit ist gut, denn erst am 28. August wird Vollmond gewesen sein (das steht falsch in dem PDF-Artikel!), und der Mond wird in der idealen Sichtzone westliche USA hoch am Himmel stehen. (Die Situation entspricht ganz gut den Bedingungen der Perseiden 2006: Der Himmel war einige Tage nach Vollmond schon wieder deutlich dunkler und z.B. für Videoaufnahmen und sonstige Fotoexperimente durchaus geeignet.) Mit vielen schwächeren Meteoren ist bei dem Aurigidenausbruch ebenso wenig zu rechnen wie mit Feuerkugeln, und Physik wie Chemie der Staubteilchen dürften recht ungewöhnlich und intensiver Erforschung wert sein. Denn in den kommenden drei Jahrzehnten wird kein Staub von einem langperiodischen Kometen mehr in solcher Fülle in die Erdatmosphäre stürzen (es sind überhaupt nur zwei derartige Kometen bekannt, denen eindeutig wiederholte Meteorausbrüche zugeschrieben werden können). Das letzte Mal geschah dies beim Ausbruch der Alpha-Monocerotiden 1995: Diese Meteoroide drangen 5 km tiefer in die Atmosphäre ein als sonst bei 66 km/s schnellen Teilchen der Fall, und es fehlte ihnen alles Natrium.
Die Fallrate der Aurigiden 2007 lässt sich nur sehr vage vorhersagen, da die Erde bei keinem der gut beobachteten Schauer von 1935, 1986 und 1994 dem Zentrum der Staubwolke auch nur annähernd so nahe gekommen ist wie 2007: »Smack in the middle« werden wir dieses Mal durch den Dusttrail hindurch sausen, so Jenniskens zu interstellarum. Die Zenitstundenrate von 400, die er in seinem Vortrag nannte, sei auch nur als Untergrenze zu verstehen: Es könnten auch über tausend werden. Lyytinen geht nach neueren eigenen Berechnungen übrigens vom 1,5-fachen der Rate von 1994 aus (Meteorobs-Liste vom 21.8.2006), was 600 Meteoren/Stunde entspräche. Lohnt sich also eine Reise nach z.B. Kalifornien? Unbedingt, sagt Jenniskens, und wegen der ungewöhnlichen Helligkeitsverteilung sei sogar mit mehr hellen Meteoren als selbst bei einem der Leonidenstürme der vergangenen Jahre zu rechnen. Eigentlich bräuchte der Wahlkalifornier Jenniskens nur aus dem Fenster zu schauen, aber er bereitet lieber eine Flugzeugkampagne vor, um die Aurigiden ungestört spektroskopieren zu können: Es könnte die bis auf weiteres einzige Chance sein, Teilchen aus der kaum veränderten Kruste eines Kometen zu erforschen.
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