Schneckenhäuser auf dem Mars

Irdisches Pendant der auf dem Mars entdeckten Basaltspirale. Dieses Exemplar hat einen Durchmesser von rund 10m und befindet sich auf der Vulkaninsel Hawaii in einem 1974 entstandenen Fluss so genannter Pahoehoe-Lava. [NASA/JPL/University of Arizona]

Nahe des Marsäquators, zwischen Cerberus-Sumpf (Cerberus Palus) und Cerberus-Gräben (Cerberus Fossae) erstreckt sich auf mehrere hundert Kilometer die Talregion Athabesca Valles. Was diese Region so bemerkenswert macht, sind nicht weniger als 269 spiralförmige Strukturen am Grund der Täler, die an manchen Stellen auf den ersten Blick an gigantisch große Schneckenhäuser von fünf bis dreißig Metern Durchmesser erinnern. Die Antwort auf die Entstehungsgeschichte solcher speziellen Oberflächenmerkmale lies sich in der Vergangenheit nur schwer finden. Grundsätzlich sind auf unserem roten Nachbarplaneten zwei Aktivitätsformen denkbar, die großflächige Oberflächenmodifikationen nachhaltig herbeiführen können: Oberflächenwasser oder eruptive vulkanische Aktivität. Spätestens seit der NASA Phoenix-Mission zum planetaren Nordpol weiß man um den Wassereisreichtum des Mars, was eine nasse Vergangenheit mehr als plausibel erscheinen lässt. Tatsächlich sind ähnliche Fließstrukturen durchaus auch auf der Erde keine Seltenheit. Sie finden sich typischerweise auf Permafrostböden, wenn sie beispielsweise im arktischen Frühling oberflächlich antauen. Während Gräben- und Furchenbildung also noch durch abfließendes Schmelzwasser nachvollzogen werden kann, sind es genau die Schneckenhaus-Spiralen, die keinem auf der Erde von Eis hervorgerufenen Muster gleichen. Und doch existieren auf der Erde Analogien zu den Spiralen. Allerdings haben die sogenannten Basaltspiralen einen gänzlich eisfreien, sondern einen höchst erhitzten Ursprung.

Auf der Vulkaninsel Hawaii sind sie zu finden, was auch auf Mars auf eine ähnliche Entstehung hindeutet. Lavaströme bilden nach einiger Zeit eine dünne, relativ elastische Oberflächenkruste. Mit fortschreitender Abkühlung zieht sich das Krustengestein weiter zusammen und zerspringt schließlich zu kleineren Platten und Einzelstücken. Zwischen diesen Bruchstellen drängt weiter glutflüssige Lava hervor und hebt die Platten in der Mitte an, während sie am Rand einsinken. Durch unterschiedliche Fließbewegungen der flüssigen unterliegenden Lava – in der Mitte fließt sie schneller als am Rand – verformt sich die Oberflächenkruste weiter und kann unter Umständen zu den beobachteten Schneckenhäusern aufgewickelt werden. Diese sind nach vollständigem Aushärten des Lavamaterials im wahrsten Sinne des Wortes in Stein gegossen.

Lars-C. Depka

Originalarbeit:
www.sciencemag.org/content/336/6080/449
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