Mit dem Fund eines etwa erdgroßen Planeten von Proxima Centauri ist die Entdeckungsserie am nächstgelegenen aller Sterne noch nicht zuende: Das chilenische Radiointerferometer ALMA hat gleich eine ganze Reihe staubiger Strukturen rund um den Stern aufgespürt, die zum Teil Parallelen im Sonnensystem besitzen.
Der 4,2 Lichtjahre entfernte Proxima Centauri wurde sowohl mit den weit verteilten 12-Meter-Schüsseln des Antennenkomplexes von ALMA angepeilt, um seine Umgebung in maximaler Auflösung zu untersuchen (Bild links), als auch mit dem integrierten Atacama Compact Array aus 7-Meter-Schüsseln, der gewissermaßen ein Weitwinkel-Bild lieferte (rechts). Es dominiert jeweils eine starke Radioquelle am Ort des Sterns, der aber selbst aber gar keine nennenswerter Radiosender ist: Hier emittiert offensichtlich Staub, der sich in 1 bis 3 Bogensekunden oder 1,3 bis 4 au (Distanz Erde – Sonne) Abstand vom Stern befindet und einen Ring bildet, den freilich selbst ALMA nicht räumlich auflösen kann.Bei der verwendeten Wellenlänge von 1,3 mm dominieren Teilchen von µm- bis cm-Größe, aber sie entstehen durch Kollisionen zwischen (unsichtbaren) größeren Brocken in einer sogenannten Trümmerscheibe: Insgesamt 1/100 Erdmasse dürfte in dem Ring stecken, in bis zu 50 km großen Körpern, die nach der Entstehung des Sterns vor 5 Mrd. Jahren nicht zu Planeten zusammen fanden. Diese Masse ähnelt der des Kuiper-Gürtels im ähnlich alten Sonnensystem, der sich freilich jenseits der Neptunbahn in 30 bis 50 au Abstand von der Sonne befindet. Doch da der Rote Zwerg Proxima Centauri nur 1/8 der Masse und gar nur 1/700 der Leuchtkraft der Sonne hat, sind die Temperaturen beider Gürtel mit 50 Kelvin (Grad über dem absoluten Nullpunkt) vergleichbar: ALMA scheint tatsächlich einen Kuiper-Gürtel um Proxima Centauri entdeckt zu haben.
Aber das ist noch nicht alles: In den ALMA-Daten gibt es auch Hinweise auf mit 90 Kelvin „wärmeren“ Staub nur 0,4 au vom Stern entfernt, was auf 1/1000 Erdmasse Felsbrocken als Quelle hindeutet (der bekannte Planet kreist noch viel näher um den Stern). Und das Bild des Compact Array zeigt mehrere Quellen in 30 au Abstand von Proxima, die Verdichtungen in einem weiteren Staubring weit draußen sein könnten. Der wäre dann mit nur noch 10 Kelvin extrem kalt, hätte eine Gesamtmasse von 1/3 Erde und wäre ohne ein bekanntes Gegenstück im Sonnensystem – allerdings hat der Infrarotsatellit Herschel bei mehreren anderen Sternen ähnlich kalte äußere Trümmerscheiben gesehen.Und schließlich ist da in den ALMA-Daten auch noch eine kompakte Quelle 1,2 Bogensekunden südöstlich von Proxima Centauri: Wenn das nicht eine Galaxie im Hintergrund ist (unwahrscheinlich und bald zu überprüfen, da sich Proxima am Himmel schnell bewegt), dann könnte das ein weiterer Planet sein – mit einem großen staubigen Ring, der für die thermische Radiostrahlung sorgt. Der spekulative Planet selbst hätte dann die Masse Saturns. Auch wenn sich diese Interpretation später zerschlagen sollte: ALMA hat jetzt demonstriert, dass es im Prinzip Ringe naher Exoplaneten nachweisen könnte. Und in jedem Fall aufgezeigt, dass es das Proxima-Centauri-System mit manch anderem an Komplexität aufnehmen kann.
LINKS:
Originalarbeit: https://arxiv.org/abs/1711.00578
ESO Press Release: https://www.eso.org/public/news/eso1735
Das ALMA-Instrument: https://public.nrao.edu/telescopes/alma
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