Rosetta vor der Ankunft am »Doppelkometen«

Der Kern von Komet Churyumov-Gerasimenko am 29. Juli aus 1950km Abstand: Ein Pixel entspricht 37m auf dieser OSIRIS-Aufnahme mit der Tele-Optik. Der weiße »Kragen« am »Hals« zwischen den beiden Kernteilen wird von Tag zu Tag deutlicher. [ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA]
Eine erste Nahaufnahme der noch sehr schwachen Koma des Zielkometen auf einer tiefen Weitwinkel-Aufnahme des OSIRIS-Systems vom 25. Juli (der seitlich versetzte helle Kreis ist ein Artefakt, der Kern selbst völlig überbelichtet). Die Punkte im Hintergrund sind sowohl Sterne wie Treffer kosmischer Strahlung auf dem Detektor. [ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS
Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA]

Nach zehnjähriger Reise wird die europäische Kometenmission Rosetta am 6. August an ihrem Ziel ankommen, d.h. bei ihrer Annäherung innehalten in einem Abstand von ca. 100km: von etwas, dessen Form einiges Erstaunen ausgelöst hat. Der Kern des Kometen Churyumov-Gerasimenko hat sich, als er im Laufe des Juli für die beiden Kameras an Bord mehr und mehr Pixel überdeckte, als quasi ein Doppelkörper mit einer viel komplizierteren Gestalt entpuppt, als man sie nach früheren Messungen seiner Lichtkurve erwartet hätte. Diese Methode ist aber beschränkt, kann gewissermaßen nur die Form einer über das Objekt gespannten Hülle liefern: Dass der Kern von Churyumov-Gerasimenko über einen derart ausgeprägten »Hals« verfügen würde, der ihn aus manchen Blickwinkeln an eine Gummiente erinnern lässt, war schlicht nicht festzustellen.

Wie es zu dieser Form gekommen ist, lässt sich aus den Bildern aus der Distanz noch nicht sagen: Es könnte sich um eine sehr unregelmäßige Erosion handeln oder um zwei Kometenkerne, die sanft verschmolzen sind. Der Hals ist deutlich heller als der Rest des Kerns und möglicherweise auch glatter. Dies erinnert an die Übergangszone des – wesentlich weniger bizarren – Kerns von Hartley 2, der aus zwei Hälften bestehen dürfte.

Die kommenden drei Monate der Rosetta-Mission sind gleichermaßen wissenschaftliches Neuland wie technische Herausforderung: Während sich Rosetta behutsam näher an den Kern herantastet und eine zunächst aus Dreiecken bestehende Umlaufbahn einnimmt, wird dessen Form und Oberflächenbeschaffenheit aus erst 100km, dann 50km und schließlich 30km Abstand kartiert. Dabei geht es insbesondere darum, die beste Stelle für das Absetzen des Landers Philae zu finden, welches aus 10km Abstand für den 11. November geplant ist.

Bis Ende August – dann wird der Abstand 50km betragen – sollen fünf Kandidaten für den Landeort benannt und Mitte September dann ein führender festgelegt werden, wenn Rosettas beste Kamera aus 30km Abstand eine Auflösung von rund 60cm erreicht hat. Wie intensiv die Öffentlichkeit an diesem Abenteuer ohne Beispiel teilhaben kann, steht noch nicht fest: Nachdem es im Juli zu einer öffentlichen Diskussion über die spröde Versorgung mit aktuellen Bildern des Kerns kam (und die ersten, die klar die Doppelnatur zeigten, zunächst gar nur versehentlich publik geworden waren), erscheint nun zumindest von der Navigationskamera mit geringerer Auflösung ein Bild pro Tag im Missions-Blog, mindestens bis zum 6. August.

Daniel Fischer

Missions-Blog:
blogs.esa.int/rosetta
Webcast am 6. August:
www.esa.int/ger/ESA_in_your_country/Germany/Presseeinladung_Rosettas_Kometen-Rendezvous_am_6._August_-_ESOC_Darmstadt
Deutsche Rosetta-Homepage:
www.dlr.de/dlr/desktopdefault.aspx/tabid-10394
Daniel Fischer

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