Reiche Ernte der Planetenjäger Kepler und HARPS

Die Zahl 1235 von Anfang des Jahres war einmal: Der Kepler-Satellit hat – wie diese Woche auf einer Tagung in Wyoming verkündet wurde – inzwischen 1781 dunkle Himmelskörper im Transit vor ihren Sternen gesichtet. Bei ihnen dürfte es sich größtenteils um Exoplaneten handeln, auch wenn dies erst in 27 Fällen mit letzter Gewissheit bewiesen werden konnte. Ebenso beachtlich ist auch die Ausbeute der europäischen Spektrographen CORALIE und HARPS, die mit zwei Teleskopen der ESO auf La Silla nunmehr 155 ziemlich eindeutige Exoplaneten vorweisen können, die zu 102 Planetensystemen gehören. Gerade wurden die 55 neuesten Funde des immer genauer werdenden HARPS auf derselben Tagung präsentiert, darunter auch wieder neue 16 »Super-Erden«, von denen eine in der habitablen Zone ihres Sterns residiert und mitunter als der wohnlichste bekannte Planet überhaupt gefeiert wird. Keplers Transit- und HARPS‘ Radialgeschwindigkeitstechniken sind bei solch vergleichsweise kleinen Planeten nicht direkt vergleichbar: Während letzterer Methode die Dichte des Himmelskörpers egal ist und nur die Masse zählt, fallen im Transit eher Planeten mit größerem Durchmesser auf. Das könnte die Erklärung für eine merkwürdige Diskrepanz sein, die den Exoplanetenforschern zunehmend Sorgen bereitet: Kepler sieht deutlich weniger Planeten in jedem Größenbereich, als nach der HARPS-Statistik zu erwarten wäre. Nur 15% der Kepler-Sterne haben Planeten mit weniger als 4 Erddurchmessern, 30% – 50% der HARPS-Sterne aber besitzen welche mit Massen kleiner als Neptun.

Da weder dem einen noch dem anderen Instrument ein offensichtlicher systematischer Fehler nachzuweisen ist, ist die naheliegendste Hypothese wohl, dass es zwei sehr unterschiedliche Populationen von Supererden gibt: kompakte und dichte (Super-Merkure sozusagen), die in der Menge dominieren und auf die vor allem HARPS anspricht, und ausgedehnte Objekte (Mini-Neptune gewissermaßen), die für Kepler ideal sind. Ausgehend von den Erfolgen des Spektrographen kann man damit sagen, dass etwa jeder zweite sonnenähnliche Stern mindestens eine Supererde besitzt, mit meist weniger als 15 Erdmassen (denn zwischen 15 und 30 Erdmassen nimmt die Häufigkeit dramatisch ab) und überwiegend in Systemen mit gleich mehreren Planeten. Solche Supererden – die kein Gegenstück im Sonnensystem besitzen – haben meist 40 bis 80 Tage Umlaufszeit, bei beliebiger Metallizität des Sterns. Darin unterscheidet sich dieser Planetentyp stark von den Gasriesen mit mehr als 50 Erdmassen, die metallreiche Sterne erheblich bevorzugen und bei etwa jedem siebten Stern vorkommen: Sie bilden wieder eine völlig andere Planetenpopulation. Von den 1781 Planetenkandidaten Keplers liegen etwa 121 in der habitablen Zone, darunter auch einige Supererden, die rund 1/4 der bisherigen Kepler-Funde ausmachen. Und 123 Kepler-Kandidaten haben Durchmesser von weniger als 1,25 Erden.

Daniel Fischer

HARPS-Statisik:
arxiv.org/abs/1109.2497
HARPS kleinste Planeten:
arxiv.org/abs/1108.3447
Kepler vs. HARPS:
arxiv.org/abs/1108.5842
Daniel Fischer

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