Der Stern TW Hydrae und die ihn umgebende Staubscheibe: Aufnahmen zeigen eine Lücke in der Staubscheibe um den Roten Zwerg. Es wird vermutet, dass dort ein Planet seine Bahn freigeräumt hat. [NASA/ ESA/ STScI/ UC of Wyoming/ Carnegie Institution of Washington/ GSFC/ UC of Arizona/ Steward Observatory]

Lehrt das kleine, rund 176 Lichtjahre von der Erde entfernt liegende Planetensystem TW Hydrae Neues in Bezug auf die Planetenentstehung? Fast hat es den Anschein, denn gleich zwei Absonderlichkeiten fallen ins Auge, die den gängigen Modellen zu widersprechen scheinen: Der planetare Begleiter umkreist seinen Zentralstern in erstaunlich hoher Distanz. Darüber hinaus ist der Stern noch viel zu jung, um überhaupt einen Begleiter zu haben.

Wie bei jungen, noch im Aufbau befindlichen Planetensystemen üblich, ist auch der Rote Zwerg TW Hydrae von einer hellen und ausgedehnten Staubscheibe umgeben. Ganz ähnlich muss es wohl auch vor 4,4 Mrd. Jahren im Sonnensystem zugegangen sein. Und damals so wie heute, zeigt sich ebenfalls in der Staubscheibe des Zwergsterns ein deutlicher Helligkeitsabfall, der analog zur Entstehungshypothese des Sonnensystems als der Ort gedeutet wird, an dem sich ein planetarer Begleiter seines Sterns herausbildet. Erstaunen löst indes die Position aus, an der sich die Lücke innerhalb der Scheibe erstreckt. Sie befindet sich rund 80AE (12 Mrd. km) vom Zentrum entfernt und weist eine Breite von mindestens 3 Mrd. Kilometern auf. Zum Vergleich: Nach aktueller Lehrmeinung wird der äußere Rand des Kuiper-Gürtels derzeit bei etwa 50AE vermutet.

Die Dimensionen der beobachteten Lücke in der Scheibe lassen auf einen Planeten zwischen sechs und 28 Erdmassen schließen. Und genau in diesen beiden Parametern, der großen Entfernung zum Stern und der relativ geringen Masse des Planeten, verbergen sich die bedeutsamsten Herausforderungen: Einen Planeten so geringer Masse so weit von seinem ebenfalls massearmen Mutterstern entfernt zu beobachten, ist nur unzureichend mit den gängigen Theorien zur Planetenentstehung zu vereinbaren. Eine derartige Entstehung ist unter den gegebenen Umständen in allen Modellen nur unter speziellen Umständen zu reproduzieren, da die Entstehung von Planeten den Vorstellungen entsprechend einen langwierigen Prozess darstellt.

Wesentlicher Faktor in der Entstehungsgeschwindigkeit von planetaren Systemen ist insbesondere die Entfernung des sich bildenden Körpers vom Zentralgestirn. Konkret auf die Position des Planeten bei TW Hydrae bedeutet dieses Szenario eine mindestens 200 Mal so lange Entstehungszeit wie die des Jupiter in unserem Sonnensystem. Dessen Ausbildung hat wohl wenig mehr als 10 Millionen Jahre in Anspruch genommen.

Als größtes Hemmnis in der Beurteilung des Systems stellt sich das jugendliche Alter von TW Hydrae selbst heraus. Mit nur knapp 8 Millionen Jahren ist er deutlich zu jung für den in der Lücke der Staubscheibe vermuteten Begleiter. Ein Erklärungsansatz des Rätsels könnte eine instabile Staubscheibe sein, die in sich selbst zusammenfällt. Ein solcher Fall ermöglicht es grundsätzlich, dass sich ein Planet innerhalb einiger Jahrtausende entwickelt. Weitere Beobachtungen sollen Verfeinerungen der Modelle zur Planetenentstehung liefern können.

Lars-C. Depka

Originalarbeit:
arxiv.org/abs/1306.2969
lars-c-depka

Share
Published by
lars-c-depka

Recent Posts

Astronomie im Winter: 3 schnelle Tipps, für die Beobachtung

Im Sommer wundervoll warm aber Astronomie im Winter eine Zumutung? Von wegen. Was Sie machen…

4 Jahren ago

Spix‘ Blick zum Mond: Hesiodus – Lichtspiele und Doppelwall

Die letzte Ausgabe des »Blicks zum Mond« ist noch einmal etwas für Frühaufsteher. Am 1.…

5 Jahren ago

Was ist eigentlich … 66?

Keine Sorge! Ich werde jetzt definitv nicht in irgendwelchen numerologischen Geheimnissen herumkramen und mich über…

5 Jahren ago

InSights Solarzellen offen – mehr Bilder

Nach der perfekten Landung von InSight auf dem Mars und dem Empfang des ersten Bildes…

5 Jahren ago

Eine Landung wie nach Drehbuch: InSight steht in der Elysium Planitia

Die Landung vom InSight auf dem Mars ist noch perfekter abgelaufen als erhofft. Nicht nur…

5 Jahren ago