Ein neues Instrument auf einem Wettersatelliten, ein ausgefeiltes mathematisches Modell und umfassende Eichung durch Beobachter auf dem Boden, darunter viele ‚Bürgerforscher‘: Das steckt hinter einem brandneuen Weltatlas der Helligkeit des Nachthimmels – und der Lichtverschmutzung durch künstliches, die sie in manchen Weltregionen um ein Vielfaches über den natürlichen Wert anhebt. Genau da, wo auch die meisten Menschen wohnen freilich, die so nicht nur einen Himmel mit viel weniger Sternen und blasser bis unsichtbarer Milchstraße serviert bekommen sondern – das ist in den letzten Jahren immer klarer geworden – auch ganz direkte Probleme, Schlafstörungen etwa, und auch die Natur leidet unter dem Verlust der Nacht. Dieser Umweltfaktor jedoch ist in großem Stil viel schlechter quantitativ erfasst als andere, und die einzige Weltkarte der Lichtverschmutzung, die auf einem primitiven Satelliteninstrument basierte, war bereits 15 Jahre alt. Aber jetzt ist sie abgelöst worden: durch die permanenten Nachtaufnahmen der Erde mit einer Spezialkamera auf dem US-Wettersatelliten NPP Suomi, die mathematisch in die Nachthimmelshelligkeit umgerechnet wurden. Die dafür nötige „upward function“ ist über die Jahre optimiert worden: Der Satellit sieht nur die Lichtquellen von oben, aber zur Himmelshelligkeit über einem Punkt tragen Lampen noch bis in über 100 km Entfernung bei, deren Licht von der klaren Atmosphäre wieder Richtung Erdboden und damit die Augen der Menschen gestreut wird.
Geeicht wurde das Ganze durch 20865 direkte Messungen des Nachthimmels, wobei ein weltweites Netz von Freiwilligen besonders wichtig war: Ihre Daten mögen einzeln unzuverlässiger sein als die der Profis, aber ihre gleichmäßigere Verteilung über den Globus machte das wieder wett. Das Ergebnis ist nun eine farbcodierte Weltkarte: Jede der 14 Stufen entspricht einem immer wieder doppelt so hellen Intervall. Weil Licht aus einem großen Umkreis zu einem Datenpunkt beiträgt, ist die Ortsauflösung geringer als bei den Sumoni-Bildern, dafür ist die Zuverlässigkeit dank der aufwändigen Eichung hoch. Für die konkrete Suche nach Beobachtungsplätzen oder die Planung von Sternwarten gar dürfte der Atlas künftig eine Schlüsselrolle spielen. Schwieriger ist allerdings die Interpretation: Die Autoren legen extrem harte Kriterien an – nur maximal 8% mehr als natürliche Helligkeit sind erlaubt – und finden entsprechend den Großteil der Weltbevölkerung in lichtverschmutzten Zonen vor, fast 100% der Bewohner der EU und der USA oder 83% der Weltbevölkerung. Erlaubt man dagegen einen um das Vierfache aufgehellten Himmel mit zumindest noch diffus erkennbarer Milchstraße, sind immerhin 40% der EU-Bürger (darunter 58% der Deutschen, 64% der Österreicher und 66% der Schweizer) bzw. 22% der Amerikaner und 36% der Menschheit bereits im Dunkeln zuhause. Richtig guter Himmel mit nur 50 % Aufhellung gegen die Natur lacht freilich nur über wenigen Prozent der EU-Bürger und Amerikaner und 17% der Weltbürger – alle anderen wissen dank des Atlas aber nun genau, wo sie am ehesten einen deutlich besseren Himmel finden können, auch wenn das in manchen Ballungsgebieten schon mal Fahrten von hunderten Kilometern erfordern würde.
Daniel Fischer
LINKS:
Originalarbeit: http://advances.sciencemag.org/content/2/6/e1600377.full
Viewer für den Atlas: http://www.nesdis.noaa.gov/news_archives/artificial_sky.html
Pressemitteilung des GFZ: http://www.gfz-potsdam.de/medien-kommunikation/meldungen/detailansicht/article/weltatlas-dokumentiert-kuenstliche-beleuchtung/
Im Sommer wundervoll warm aber Astronomie im Winter eine Zumutung? Von wegen. Was Sie machen…
Die letzte Ausgabe des »Blicks zum Mond« ist noch einmal etwas für Frühaufsteher. Am 1.…
Keine Sorge! Ich werde jetzt definitv nicht in irgendwelchen numerologischen Geheimnissen herumkramen und mich über…
Nach der perfekten Landung von InSight auf dem Mars und dem Empfang des ersten Bildes…
Die Landung vom InSight auf dem Mars ist noch perfekter abgelaufen als erhofft. Nicht nur…