Neuer (Blick)Winkel in Theorie zur Mondentstehung

Er begleitet uns fast schon seit Anbeginn der Erdentstehung und dennoch ist die inzwischen vorherrschende Annahme zu seiner Ausformung noch relativ jung. Erst Mitte der 1970er Jahre ausgearbeitet, erklärt die Kollisionstheorie elegant eine Vielzahl der im Erde-Mond-System vorgefundenen Besonderheiten, bzw. Fakten und skizziert die Entstehung des Erdtrabanten schlüssig. Demnach  kollidierte in der Frühphase der Planetenentwicklung ein etwa marsgroßer Protoplanet, der nach der Mutter der griechischen Mondgöttin Selene bisweilen Theia genannt wird, mit der Proto-Erde (Gaia, nach einer griechischen Göttin), die damals bereits etwa 90 % ihrer heutigen Masse aufwies. Die Kollision erfolgte nicht frontal, sondern streifend, sodass große Materiemengen, bestehend aus Teilen des Mantels des Impaktkörpers und des Erdmantels, in den Erdorbit geschleudert wurden, während sich die Eisenkerne vereinigten. Im Orbit bildete sich sofort (d. h. in weniger als 100 Jahren) der Proto-Mond, der rasch alle restlichen Trümmer einsammelte und sich nach knapp 10.000 Jahren zum Mond mit annähernd heutiger Masse verdichtet haben muss. Er umkreiste die damals – auch durch die Kollision – schnell rotierende Erde in einem Abstand von nur rund 60.000 km, was zu extremen Gezeitenkräften geführt haben muss, die Erde und Mond eiförmig deformierten. Aufgrund der extremen Reibung der bewegten flüssigen Gesteine führte das zu einer schnellen Abbremsung der Rotation mit Übertrag des Drehimpulses auf den Mond, dessen Bahn sich dadurch vergrößerte. Die heutige Geschwindigkeit der Erdrotation ist demnach durch diese frühen Vorgänge beeinflusst. Die synchronisierte Eigendrehung des Mondes, die dazu führt, dass wir heute stets nur eine seiner Seiten sehen können, hat hingegen noch andere Ursachen.

Eine der wesentlichen Annahmen innerhalb der Hypothese ist also die streifende Kollision der beiden Protoplanten, die ein Überleben der jungen Erde erst möglich werden ließ. Und eben diese Mutmaßung erscheint als nicht überzeugend evident. Vielmehr sollte sich das Szenario als sehr schnelle – mit einer Geschwindigkeit von wenigstens 10 km/s – frontale Kollision, und damit hinsichtlich des Einschlagwinkels, in erheblich anderer Form als allgemeinhin angenommen, zugetragen haben.

Die Analyse verschiedener Gesteinsproben aus Hawaii und Arizona, die infolge vulkanischer Prozesse aus dem Erdmantel an die Erdoberfläche gelangten auf der einen Seite, und andererseits Exemplare von Mondgestein dreier Apollo-Missionen deuten darauf, dass  die enorme kinetische Energie der Kollision nahezu gleichzeitig zu einer Verflüssigung des ohnehin in weiten Teilen noch geschmolzenen Gesteins der frühen Erde führte, was ein tiefes Eindringen des Impaktors und tiefreichende Vermischung der Bestandteile beider Himmelskörper begünstigte.

Das Hauptaugenmerk im Analyseverfahren gilt dabei dem Sauerstoff, der rund 90 Prozent des Volumens der Gesteinsbrocken ausmacht. Der Sauerstoff im Erdgestein enthält nahezu ausschließlich O-16-Isotope, also Sauerstoffatome, deren Kerne jeweils aus acht Protonen und acht Neutronen bestehen. In nur sehr geringen Mengen kommen auch die schwereren Isotope O-17 und O-18 vor, deren Kerne ein bzw. zwei weitere Neutronen enthalten. Die gleichen Mengenverhältnisse finden sich in allen Proben des Mondgesteins. Dies ist umso auffälliger, als die Erde, der Mars und andere terrestrische Planeten des Sonnensystems sich in dieser Hinsicht signifikant voneinander unterscheiden. Auch Theia als extraterrestrischer Himmelskörper dürfte sich in diesem Punkt deutlich von der Ur-Erde unterscheiden haben. Die Interpretationen der Gesteinsanalysen deuten insofern darauf hin, dass die Erde in ihrer heutigen Gestalt und der Mond aus einer Materialmischung hervorgegangen sind, die ihren Ursprung in einer wechselseitigen Durchdringung von Theia und Ur-Erde hat.

Die nach dem Aufprall in die Erdumlaufbahn geschleuderten Staub- und Gesteinsmengen, aus denen der Mond entstanden ist, enthielten einen ungefähr gleich hohen Anteil von Theia-Material wie die Materialmischung, die sich nach dem Aufprall zum heutigen Planeten Erde verfestigt hat. Dieser Befund spricht mutmaßlich für einen äußerst heftigen und zerstörerischen Frontalaufprall von Theia. Denn wäre der Impaktor seitlich in einem flachen Winkel aufgeschlagen, wäre sein Material größtenteils in die Erdumlaufbahn gelangt. Das heutige Mondgestein würde dann sehr wahrscheinlich andere Anteile von Sauerstoff-Isotopen aufweisen als das Gestein der Erde.

Lars-C. Depka

Originalarbeit

lars-c-depka

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  • Hallo an alle, die meinen Kommentar lesen !
    Habe zum x-ten mal eine Doku zur Entstehung unseres Heimatplaneten und seines Mondes gesehen und habe meine eigene und warscheinlich neue Theorie zu diesem Thema !
    Da unser Mond ungewöhnlich groß im Vergleich zu seinem Planet den er umkreist ist und er durch eine Kollission mit Theia entstanden sein soll ,wobei Theia zerstört worden sein soll , behaupte ich ,Gernot Sommer, das unser Mond die Überreste von Theia sind , welcher durch die Kollision zum Stillstand in seiner Umdrehung gekommen ist und der Erde einen zusätzlichen Schwung gegeben hat , so daß durch diesen Zusatzschub Theia von der Erde durch die gesteigerte Gravitation in die Umlaufbahn gezwungen wurde !
    Dies ist meine Theorie !

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lars-c-depka

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