Eine der ersten Nahaufnahmen vom Merkur, die die Erde erreichten, mit nur 300 Metern pro Pixel – entstanden 21 Minuten nach der größten Annäherung am 14. Januar aus 8500 km Abstand. [NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Carnegie Institution of Washington]
Seit dem Abend des 16. Januar geht es Schlag auf Schlag: Ein Bild des Merkur nach dem anderen in nie gekannter Schärfe und oft auch von jenen 55% seiner Oberfläche, die noch keine Raumsonde sah, erreicht die Erde. 1213 Aufnahmen durch verschiedene Filter und zahlreiche andere Messungen sind in einem 55-Stunden-Intervall rund um die größte Annäherung der NASA-Sonde MESSENGER an den innersten Planeten entstanden, als sie am Abend des 14. Januar zum ersten Mal dicht über seine Oberfläche hinweg schoss. Noch zwei weitere Male wird dies geschehen, diesen Oktober und im September 2009, bevor MESSENGER genug Bahnenergie abgebaut hat, um schließlich am 18. März 2011 in eine Umlaufbahn einschwenken zu können. Nur mit ihrem Treibstoff allein wäre dieses Manöver unmöglich, und so haben die drei Flybys in erster Linie himmelsmechanische Gründe. Aber stets sind dabei MESSENGERs wissenschaftliche Instrumente eingeschaltet, um die Merkurforschung schon jetzt voranzubringen. Seit kurzen Vorbeiflügen von Mariner 10 in den Jahren 1974 und 1975 war keine Raumsonde mehr vorbeigekommen, und der Merkur gehörte noch einmal den Astronomen auf der Erde, die tatsächlich mittels Videoastronomie manches Detail herauskitzeln konnten.

Nach fast 33 Jahren Pause hat nun die Raumfahrt den Planeten wieder: Zunächst die amerikanische und ab 2019 dann die europäische, wenn der nochmals leistungsfähigere ESA-Orbiter BepiColombo nach dem Start 2013 in einen Merkurorbit einschwenken soll. Das allererste MESSENGER-Bild, das in der Nacht zum 16. Januar die Erde erreichte, war bereits eine kleine Offenbarung: Es zeigte – mit 10km Auflösung – einen Großteil jener Merkurhemisphäre, die Mariner 10 nie hatte sehen können. Auch sie erweist sich als so stark verkratert wie die bekannte Seite, und auch hier gibt es keine großflächigen Albedostrukturen wie die Mare auf dem Erdmond. Dafür hat der Merkur aber auf kleinerer Skala eine Fülle von spannender Geologie zu bieten, wie die die seit dem Abend des 16. eintreffenden Bilder zeigen. Da gibt es einander überlappende Krater, Krater mit Ejektastrahlen und Kraterketten ebenso wie steile Böschungen (Bild oben): Hier haben sich ganze Teile der Merkuroberfläche über andere geschoben. Allmählich werden sich aus den in den kommenden Tagen eintreffenden Bildern mehrere große Mosaike formen, die die geologischen Zusammenhänge deutlicher werden lassen dürften. Eine erste Gesamtpräsentation des »neuen Merkur« ist bereits für den 30. Januar geplant. Und schon am 6. Oktober wird MESSENGER erneut dicht über den Merkur fliegen, der als Extremfall unter den vollwertigen Planeten – der kleinste und der dichteste – auch von grundlegendem Interesse für die Planetenforschung ist.

Daniel Fischer

MESSENGER-Bildergalerie: messenger.jhuapl.edu/gallery/sciencePhotos
Analyse der ersten Nahaufnahme: www.planetary.org/blog/article/00001300
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