LCROSS vor dem Start: Der Mond unter Beschuss

Die Oberstufe der Atlas-Rakete (rechts) und das eigentliche LCROSS-Raumschiff stürzen auf den Mond zu — nach gegenwärtiger Planung ist es am 8. Oktober so weit. [Grafik: NASA]
Wenn der Start am 17. Juni stattfindet, dann folgt das Feuerwerk voraussichtlich am 8. Oktober: Die Hauptaufgabe einer Atlas 5-Rakete wird es zwar sein, den »Lunar Reconnaissance Orbiter« (LRO) der NASA in einen Mondorbit zu befördern, auf dass er bei der Planung der (vielleicht nach 2020 folgenden) bemannten Missionen helfen möge — aber auf die Oberstufe der Rakete und eine kleinere Begleitsonde, den »Lunar CRater Observation and Sensing Satellite« (LCROSS), wartet ein besonderes Schicksal.

Normalerweise sorgt man dafür, dass die Oberstufe auf einer etwas anderen Route als die Raumsonde fliegt und deren Ziel weit verfehlt, aber diesmal wird die »Earth Departure Upper Stage« (EDUS) in Richtung Südpol des Mondes dirigiert. Als zwei Tonnen schwerer kinetischer Impaktor soll die Stufe in einem permanent im Schatten liegenden Krater einschlagen und eine Ejektawolke erzeugen, die dann von LCROSS, der der EDUS auf ihrem Weg folgt und kurz nach ihr in denselben Krater stürzt, dem LRO und anderen Raumsonden, Astronomiesatelliten und Sternwarten auf der Erde beobachtet wird. Gesucht wird vor allem nach Wassereis, das sich möglicherweise in der Krater-Kältefalle angesammelt haben könnte, auf dessen klaren Nachweis man immer noch wartet, und das eines Tages für Kolonisten interessant sein könnte. Der konkrete Zielkrater steht noch nicht fest, wohl aber der Zeitpunkt des Impakts: Sternwarten auf Hawaii und im Westen der USA sollen die beste Sicht haben.

Für Beobachter in anderen Weltregionen bleibt da nur die Hoffnung, subtile Veränderungen in der Exosphäre, der extrem dünnen Atmosphäre des Mondes, nachzuweisen: Da der Impakt in permanenter Dunkelheit am Mondrand und hinter einem Kraterrand erfolgen soll, wird man etwaige Effekte auf der Mondoberfläche — wie die zwei Minikrater der Impakte — von der Erde aus nicht sehen können. Gleichwohl können sich erdgebundene Astronomen auf dem ganzen Planeten — und insbesondere Amateure mit Archiven voller gut dokumentierter Mondaufnahmen! — nützlich machen: Der Ejekta-Pilz wird nämlich nicht gerade auffällig und auch für ideal platzierte Teleskope nur vor dem Hintergrund der zerklüfteten südpolaren Landschaft sichtbar sein. Und wie diese in den Minuten um den Impakt aussehen und beleuchtet sein wird, würden die LCROSS-Forscher gerne voraussagen: Gesucht werden detailreiche Fotos des Mondsüdpols bei unterschiedlichen Librationen und Mondphasen.

Der Mondsturz von EDUS und LCROSS ist übrigens beileibe nicht der einzige des Jahres: Am 12. Februar fiel bereits der kleine Subsatellit Okina des japanischen Kaguya-Orbiters auf die Oberfläche, gefolgt am 1. März von Chinas Orbiter Chang’e. Und noch vor EDUS und LCROSS soll am 10. Juni Kaguya selbst den Mond treffen — auf 61° Süd in der Nähe des Kraters Gill, um 20:30 MESZ (für Europa damit ebenfalls unsichtbar). Um einen vorzeitigen Absturz zu verhindern, ist derweil die Bahn des indischen Orbiters Chandrayaan-1 von 100km auf 200km angehoben worden: Hier stört das ungleichmäßige Schwerefeld nicht mehr, das jeden Tiefflieger unweigerlich abstürzen lässt.

Daniel Fischer

LRO & LCROSS Pressemitteilung: www.nasa.gov/mission_pages/LRO/news/lrolcross_plans.html
FAQ für Amateurbeobachter: groups.google.com/group/lcross_observation/web/lcross-faq
Kaguyas Absturz: www.kaguya.jaxa.jp/en/communication/KAGUYA_Lunar_Impact_e.htm
Daniel Fischer

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