Klarer Fall: eine superhelle Supernova des Typs Ia, bei der ein dicker Stern explodierte

Nicht hinter allen Supernovae des Typs Ia stecken Weisse Zwerge, die genau dann explodieren, wenn sie durch Materiezufluss eines Partners auf die »Chandrasekhar-Masse« von 1,4 Sonnenmassen angeschwollen sind: Die Supernova 2003fg alias SNLS-03D3bb beweist eindrücklich das Gegenteil und sorgt für gewisse Unruhe unter den »Nutzern« dieses Supernovatyps. Die im Rahmen der kosmologisch motivierten Supernova Legacy Survey bei einer Rotverschiebung von 0,244 entdeckte Sternexplosion war einen Faktor 2,2 oder 0,87m heller als eine typische Supernova des Typs Ia, gehörte ihrem Spektrum nach aber eindeutig in diese Klasse (Howell et al., Nature 443 [21.9.2006] 308-11). Da Ia-Supernovae ihre Energie ausschliesslich aus dem radioaktiven Zerfall des Isotops Nickel-56 beziehen und für eine „normale“ bereits 0,6 Sonnenmassen davon benötigt werden, müssen in SN 2003fg mithin 1,3 Sonnenmassen 56Ni stecken – aber selbst im Extremfall würden bei der Detonation von 1,4 Sonnenmassen höchstens 0,92 Sonnenmassen Nickel-56 (und dazu weitere schwere Elemente) entstehen.

Um also die SN 2003fg erklären zu können, muss man von der Explosion eines Weissen Zwergs von rund 2,1 Sonnenmassen ausgehen: Zwei mögliche Szenarien, um eine Detonation erst bei solch einer Super-Chandrasekhar-Masse zu erhalten, wären eine schnelle Rotation des akkretierenden Weissen Zwergs oder die Verschmelzung zweier Weisser Zwerge. In jedem Fall müssen sich Kosmologen, die die Expansionsgeschichte des Kosmos anhand ferner Ia-Supernovae ergründen wollen, um das Aussortieren solcher Exoten bemühen. Die SN 2003fg fiel derart aus dem Rahmen, dass sie die Supernova Legacy Survey gleich aus der Statistik warf – aber es mag subtilere Abweichungen von der »normalen« Ia-Supernova geben, die nicht so leicht zu erwischen sind (Branch, ibid. 283-4). Die Annahme (nach Standardkorrekturen) identischer absoluter Helligkeiten aller Ia-Supernovae ist jedenfalls passé, trotzdem ist das in den letzten neun Jahren entstandene Standardmodell der Kosmologie in keiner Weise bedroht: Zwar wurde die Existenz der Dunklen Energie 1998 erstmals anhand von Supernovae etabliert, seither aber durch zig andere Methoden weiter untermauert.

Das möglicherweise dritte Lichtecho einer Ia-Supernova hat das HST am Ort der SN 1995E in NGC 2441 entdeckt: Demnach gibt es 200 parsec vor dem Ort der Supernova einen Staubschirm. Die anderen beiden Ia-SN-Lichtechos wurden bei SN 1991T und 1998bu gefunden: Das Phänomen und damit staubige Schalen um Ia-Supernovae scheinen nicht selten zu sein. Was wiederum Aussagen über das erlauben könnte, was da eigentlich explodierte. Ia-Supernova-Explosionen sind nicht-sphärisch, legen Details von Spektrallinien nahe – ein Hinweis auf die Physik der Explosionen selbst. Rotverschiebungen von Ia-Supernovae lassen sich allein aus ihrer Helligkeit in 4 Farben bestimmen (also photometrisch und nicht durch die mühsame Aufnahme von Spektren): Das haben Experimente mit 40 Supernovae der o.g. Supernova Legacy Survey ergeben. Diese Erkenntis sollte derartige Programme erheblich beschleunigen, weil gezielt Supernovae mit hoher Rotverschiebung für nähere Untersuchungen herausgefischt werden können.

Daniel Fischer

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