Seine Oberflächenstruktur aus gewissermaßen eingefrorenen Eisbergen, eindeutige Reaktionen auf das Magnetfeld Jupiters und noch einige Indizien mehr haben die Planetologen schon längst überzeugt, dass sich unter der Eiskruste des Jupitermonds Europa ein beträchtlicher Ozean aus flüssigem Wasser verbirgt: sicherlich ein reizvolles Ziel für eine fortschrittliche Raumsonde, aber mutmaßlich durch Kilometer dickes Eis vor jeglichem Zugriff abgeschirmt. Keine der zahlreichen Raumsonden, die bislang das Jupitersystem besuchten, fand Hinweise auf Öffnungen in der Kruste oder dass zurzeit etwas aus Europas Innerem an die Oberfläche gelangt – doch auf auf genau solche Indizien ist letztes Jahr das Hubble Space Telescope aus dem Erdorbit mit seinem Spektrographen STIS gestoßen. Zeitweise erschien nämlich über der Südhemisphäre des Mondes Lyman-Alpha-Emission von neutralen Wasserstoff, dazu ebenfalls ultraviolette Emission von neutralem Sauerstoff bei mehreren Wellenlängen: offensichtlich hervorgegangen aus zerlegtem Wasserdampf. Dieser wiederum, so zeigen Modellierungen der Emission, trat in Gestalt von zwei jeweils 200km hohen Dampfsäulen aus der Oberfläche aus.
Leider gibt es keine so klaren Bilder dieses faszinierenden Phänomens wie sie der Cassini-Orbiter immer wieder von den Dampffontänen aus dem Saturnmond Enceladus liefert: Dort lassen sich die Ausströmungen auch ganz konkreten Spalten im Boden – den berühmten »Tigerstreifen« – zuschreiben. Bei Europa ist dies nicht einmal ansatzweise möglich, da die Emission der Dampfwolken nur vor dem dunklen Himmelshintergrund über dem Rand Europas sicher nachgewiesen werden konnte: Die Quellen können über einen großen Bereich seiner Südhemisphäre verteilt sein. Was aber auffällt ist, dass die Wolken immer nur auftreten, wenn sich Europa besonders weit vom Jupiter entfernt hat – und genau dann sagen Gezeitenmodelle tatsächlich die beste Möglichkeit voraus, dass sich Spalten in der eisigen Kruste des Jupitermonds öffnen. Ob diese bis zum eigentlichen Ozean reichen, ist keineswegs sicher, doch durch sie wäre ein Vordringen bis zu ihm vermutlich einfacher als bisher angenommen. Jetzt fehlt nur noch eine Raumfahrtbehörde, die sich zu solch einer kühnen Mission aufrafft – die wohl noch Jahrzehnte in der Zukunft liegt.
Daniel Fischer
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