Jede Menge Meilensteine der Exoplaneten-Forschung

In den vergangenen Wochen waren die Fortschritte bei der Erforschung von Planeten fremder Sterne besonders rasant, sowohl was Beobachtungen wie theoretische Einsichten betrifft. Zu letzteren zählen ein Modell zur Entstehung von »Super-Erden« in den Scheiben um kühle M-Sterne durch regelrechte Schneestürme oder Rechnungen zur Möglichkeit von Ozeanen in Eisgiganten (bei unserem eigenen Neptun: Fehlanzeige). Die grössten Durchbrüche aber gelangen den Beobachtern:

  • Planeten mit ultrakurzen Umlaufszeiten von weniger als einem Tag(!) wurden – höchstwahrscheinlich – von Hubble mit der Transitmethode entdeckt, als wiederholt 180 000 ferne Sterne photometriert wurden. In 16 Fällen gab es dabei regelmässig Helligkeitseinbrüche durch vorbeiziehende Begleiter, in 5 davon häufiger als einmal pro Tag (wobei die kürzeste Periode 10,2 Stunden beträgt). Leider konnte erst in zwei der 16 Fälle – deren Zahl übrigens gut den Erwartungen entspricht – durch Messungen der Radialgeschwindigkeit sichergestellt werden, dass wirklich Körper planetarer Masse dahinterstecken. Und dies ging insbesondere bei keinem der fünf Kandidaten für Ultra-Short-Period Planets (USSPs), deren Sterne alle unter 0,88 Sonnenmassen haben und deswegen auch eher lichtschwach sind, doch lässt sich durch Berücksichtigung aller Alternativen recht gut abschätzen, dass mindestens 45% der Hubble-Kandidaten (und damit auch einige USSP-Kandidaten) echte Planeten sein sollten. (Aber Vorsicht: die meisten Funde des TrES-Programms waren Nieten!) Die Zahl der per Transitmethode entdeckten Planeten steigt jedenfalls nun auf etwa 15, zumal es auch die ersten 2 Funde des Programms SuperWASP gibt, deren Planetennatur bereits spektroskopisch bestätigt wurde. Einer der WASP-Planeten gehört zu den Aufgeplusterten, die offenbar häufiger als gedacht sind.
  • Die erste »Karte« der Temperaturverteilung auf einem Exoplaneten konnte dank Messungen des Spitzer Space Telescope für den Begleiter von Ypsilon Andromedae erstellt werden: Er wandert auf seiner engen Bahn so stark gegen unsere Sichtlinie geneigt um den Stern, dass das IR-Teleskop ständig seine Strahlung messen kann, natürlich nur als kleinen Zusatzeffekt zu IR-Emission von Yps And. Während eines 4,6-Tages-Orbits schwankt der Emissionsbeitrag des Planeten aber deutlich: Aufgrund seines geringen Abstands rotiert er sicherlich gebunden und zeigt dem Stern immer dieselbe Seite – und diese wird von einem ausgeprägten »Hotspot« geziert. Die sternabgewandte Seite ist dagegen 1400°C kühler: Entgegen machen Modellvorstellungen, die einen raschen Wärmetransport innerhalb der Planetenatmosphäre und einen globalen Temperaturausgleich wie bei unserem Jupiter erwarten liessen, strahlt die Atmosphäre die empfangene Hitze offenbar sofort wieder in den Raum ab. Eine bedeutende Erkenntnis auch für die Atmosphärenkunde insgesamt: Als das Spitzer Space Telescope gestartet wurde, hat man ihm so manche Pioniertat zugetraut – aber die Wärmekarte eines Exoplaneten gehörte absolut nicht dazu.
  • Der Planet von Epsilon Eridani steht jetzt ausser Frage, nachdem es mit dem Hubble Space Telescope gelungen ist, winzige Bewegungen des Sterns in der Himmelsebene nachzuweisen, die die Schwerkraft des Begleiters auslöst. Bereits vor fast 20 Jahren waren bei Eps Eri periodische Schwankungen der Radialgeschwindigkeit gemessen worden, die auf einen Planeten hindeuteten (Skyweek 3 [28/1987] 2), später aber wieder verworfen wurden, auch weil der Stern einen ausgeprägten Aktivitätszyklus aufweist. Erst die hochpräzisen astrometrischen Messungen mit den Fine Guidance Sensors des HST (Benedict et al., Astron. J. 132 [Nov. 2006] 2206-18), nach denen Eps Eri als Bahnreflex am Himmel eine winzige Ellipse mit einer großen Halbachse von 0,0019″ beschreibt, haben nun alle Zweifel ausgeräumt. Und sie machen zugleich Eps Eri b (1,55±0,24 Jupitermassen, 6,9 Jahre Periode) zu einem der vielversprechendsten Kandidaten für das erste direkte Bild eines eindeutigen Exoplaneten! Denn seine Bahn ist elliptisch, und aus den gesammelten astrometrischen und Radialgeschwindigkeitsdaten folgt, dass der Winkelabstand von Planet und Stern Ende 2007 mit 0,3″ besonders gering (der Planet dann aber im reflektierten Licht besonders hell), Ende 2010 aber mit 1,8±0,4″ besonders groß sein wird. Noch etwas ist erfreulich an der Bestätigung des Planeten von Epsilon Eridani: Er umkreist den Stern in derselben Ebene, in der auch seine Staubscheibe liegt. Indirekt wird so bewiesen, dass Planeten aus solchen Scheiben entstehen.
  • Der erste Planet eines M-Zwerges mit langer Periode bzw. mehr als 0,21 AU Abstand vom Stern ist bei GJ 849 entdeckt worden: Er hat eine Minimalmasse von 0,8 Jupiters und eine Periode von 5,2 Jahren. Der Planet – mit einem Winkelabstand von 0,27″ ebenfalls ein guter Kandidat für die direkte Abbildung mit künftigen Spezialteleskopen im Weltraum – kann sich auch rühmen, der zweite bekannte von Jupitermasse bei einem Stern von weniger als einer halben Sonnenmasse zu sein, und er bringt die Zahl der M-Sterne mit bekannten Planeten auf 4. Es lässt sich nun sagen, dass Riesenplaneten innerhalb von 2,5 AU Sternabstand bei M-Zwergen zwar existieren aber rund 3-mal seltener als bei G- und K-Sternen sind.
  • Der erste Braune Zwerg im Orbit um einen Stern mit Planet ist vom Spitzer Space Telescope bei HD 3651 abgebildet worden (sowie ein weiterer Brauner Zwerg im Orbit um HN Peg, der eine Staubscheibe besitzt) – aber eine Überraschung ist das nicht. Denn der per Radialgeschwindigkeit entdeckte Planet (weniger als Saturnmasse, 0,3 AU Abstand) von HD 3651 hat eine stark exzentrische Bahn, und ein massereicherer zweiter Sternbegleiter auf einer weiteren Umlaufbahn galt schon lange als naheliegende Ursache für ihre Verzerrung. Der nun von Spitzer entdeckte Braune Zwerg der Spektralklasse T ist der erste direkt aufgelöste substellare Begleiter eines Sterns mit bekanntem Planeten. Für eventuelle erdähnliche Planeten in der habitablen Zone des Sterns ist der Braune Zwerg mit seinen 30±10 Jupitermassen allerdings keine gute Nachricht

Zuletzt sei noch auf eine Suche nach simulierten Planeten für alle verwiesen, bei der – im Stile von SETI@home – zahlreiche PCs künstliche Datensätze durchforsten sollen, in denen Astronomen Radialgeschwindigkeitssignale von Planeten versteckt haben. Dabei werden aber auch mit großer; Akribie all die Störeffekte einbezogen, denen echte astronomische Messungen unterliegen, insbesondere ungleichmässige Messfolgen: Man will herausfinden, welche Arten von Planeten mit langen Umlaufszeiten sich möglicherweise in echten Serien von Spektren verbergen könnten, die aus systematischen Gründen konsequent übersehen werden und so das Gesamtbild der Exoplaneten verzerren.

Daniel Fischer

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