Hat der Stern Pollux einen Planeten?

Einer der prominentesten Sterne des nördlichen Himmels – und Teil des Wintersechsecks – könnte über einen Planeten verfügen: In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben sich die Indizien indes so allmählich angesammelt, dass die Entdeckungsmeldung praktisch unterging. Und zunächst hatte es sogar so ausgesehen, dass der Stern, Beta Geminorum, eben gerade keinen Planeten habe und seine Radialgeschwindigkeit wohl aus anderen Gründen periodisch schwankt. Pollux sowie Aldebaran und Arktur – alles Riesensterne des Spektraltyps K – waren ab 1987 immer wieder mit hoher Genauigkeit spektroskopiert worden, und spätestens 1993 war offenkundig, dass alle drei Sterne Variationen ihrer Radialgeschwindigkeit zeigten, mit Perioden von 233 Tagen (Arktur) bis 643 Tagen (Aldebaran). Und es waren genau diese ähnlichen Perioden, die damals daran zweifeln ließen, hier seien jeweils Exoplaneten am Werke.

Schließlich war damals noch kein einziger klarer Fall eines Planeten bei einem normalen Stern bekannt: Das kam erst gut zwei Jahre später. Und den Astronomen erschien es einfach zu seltsam, dass just ihre drei untersuchten Sterne jeweils einen ähnlichen Planeten besitzen sollten (Hatzes & Cochran, Ap.J. 413 [10.8.1993] 339). Zwar hätte man die Variationen der Radialgeschwindigkeiten durch Planeten erklären können, mit Massen zwischen 3 und 12 Jupiters, doch den Autoren erschien es viel naheliegender, nach internen Mechanismen der Sterne zu suchen, die denselben Effekt produzieren. Während regelmäßige normale Pulsationen unwahrscheinlich waren (die Perioden waren viel zu lang), kamen nichtradiale Pulsationen und auch große Sternflecken in Betracht, die während der Rotation der Sterne über die Scheiben ziehen und dabei der Erde erst entgegenkommen und sich dann wieder entfernen.

Zwölf Jahre später aber glauben einer der ursprünglichen Autoren, inzwischen am thüringischen Observatorium Tautenburg (wo er dieses Jahr bereits den ersten »deutschen« Exoplaneten fand), und ein dortiger Kollege, dass die schwankende Radialgeschwindigkeit bei Pollux doch durch einen Planeten verursacht wird: Die Periode (der neueste Wert: 591 Tage) ist nämlich immer noch da und über all die Jahre hinweg perfekt stabil geblieben. Das spräche bei der gemessenen Amplitude von 38 m/s und einem Pollux mit 2.8 Sonnenmassen für einen Planeten mit einer Mindestmasse von 3 Jupiters (persönl. Mitt. Guenther vom 25.11.2005). Eine wissenschaftliche Publikation dazu gibt es indes noch nicht: Berichtet wurde über die mutmaßliche Entdeckung bisher nur gelegentlich auf Tagungen und jüngst in einem TV-Magazin. Angesichts von inzwischen 170 Exoplaneten hielten die Entdecker ihren mutmaßlichen Fund für nicht mehr unbedingt mitteilenswert – angesichts der Prominenz von Pollux am Himmel nicht ganz nachvollziehbar …

Daniel Fischer

Share
Published by
Daniel Fischer

Recent Posts

Astronomie im Winter: 3 schnelle Tipps, für die Beobachtung

Im Sommer wundervoll warm aber Astronomie im Winter eine Zumutung? Von wegen. Was Sie machen…

4 Jahren ago

Spix‘ Blick zum Mond: Hesiodus – Lichtspiele und Doppelwall

Die letzte Ausgabe des »Blicks zum Mond« ist noch einmal etwas für Frühaufsteher. Am 1.…

5 Jahren ago

Was ist eigentlich … 66?

Keine Sorge! Ich werde jetzt definitv nicht in irgendwelchen numerologischen Geheimnissen herumkramen und mich über…

5 Jahren ago

InSights Solarzellen offen – mehr Bilder

Nach der perfekten Landung von InSight auf dem Mars und dem Empfang des ersten Bildes…

5 Jahren ago

Eine Landung wie nach Drehbuch: InSight steht in der Elysium Planitia

Die Landung vom InSight auf dem Mars ist noch perfekter abgelaufen als erhofft. Nicht nur…

5 Jahren ago