Großsternwarte entsteht im indischen Himalaya

Bislang gibt es auf indischem Boden kein optisches Teleskop mit mehr als 2,3m Durchmesser, während die weltraumbegeisterte Nation bereits mit einem gewaltigen Radiointerferometer – dem Giant Metrewave Radio Telescope (GMRT) mit 30 Schüsseln à 45m – aufwarten kann und bald mit dem ASTROSAT auch in die Weltraumastronomie einsteigen will. Dieses Defizit wird dieser Tage energisch beseitigt: Auf dem Berg Devasthal in den Ausläufern des westlichen Himalaya im Bundesstaat Uttarakhand nahe der chinesischen Grenze entstehen derzeit in 2450m Höhe die Schutzbauten für zwei große optische Teleskope.

Wie sich im März ein Astrofotograf überzeugen konnte, macht vor allem das Devasthal Optical Telescope (DOT) Fortschritte, aber auch der benachbarte Bau des International Liquid Mirror Telescope (ILMT) hat schon begonnen. Betreiber ist das Aryabhatta Research Institute of observational sciencES (ARIES), das im Luftlinie 22km entfernten Nainital seinen Hauptsitz hat und dort bereits seit 1972 kleinere Teleskope betreibt. Der neue Standort Devasthal auf 29° nördlicher Breite (und 80° östlicher Länge) wurde vor allem wegen seines stabilen Seeings ausgewählt und beherbergt seit 2010 ein 1,3m-Teleskop für Testbeobachtungen.

Das dreimal so große DOT wird ein eher klassisches alt-azimutal montiertes Teleskop mit einem 3,6m großen Hauptspiegel, das mit Kameras und Spektrographen ausgestattet wird, für die sein optisches Design auch optimiert ist: Die Tätigkeitsfelder sollen von Exoplaneten über Sternphysik bis zu Galaxien reichen – insbesondere auch für Nachbeobachtungen von Quellen, die das GMRT und der ASTROSAT identifiziert haben. Ungewöhnlich wird dagegen das ILMT, dessen 4m großer Hauptspiegel aus flüssigem, in Rotation versetztem Quecksilber besteht und der nur senkrecht nach oben schauen kann. Diese Technik wird seit vielen Jahren in Kanada erprobt, so steht etwa östlich von Vancouver das Large Zenith Telescope mit 6m Durchmesser. Auf der geographischen Breite von Devasthal kann das LMT immerhin einen Himmelsstreifen von einem halben Grad Breite abtasten, was im Laufe eines Jahres 156 Quadratgrad erfasst. Durch Auslesen eines CCD-Chips im Takt mit der Erddrehung und Bildaddition sollte eine Grenzgröße von bis zu 24,m5 im Visuellen erreichbar sein: Das Ziel ist ein Katalog mit Zehntausenden von Veränderlichen der Milchstraße, darunter auch exotischen Objekten.

Daniel Fischer

Statusbericht:
arxiv.org/abs/1304.0235
ARIES-Projekte:
www.aries.res.in/projects
Das ILMT:
www.aeos.ulg.ac.be/LMT/index.php
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