»Extended Red Emission« vom Infrarot-Zirrus und das »Unexplored Nebula Project«

Das Himmelsphänomen war zwar der Fachastronomie nicht unbekannt, doch seine Wiederentdeckung nach Jahrzehnten mit relativ simplen Amateurmitteln lässt aufhorchen: Ein Staubkomplex bei hohen (nördlichen) galaktischen Breiten, von dem Sandage schon 1976 berichtet hatte, ist im Dezember 2004 von einem Amateur in New Mexico mit einer CCD-Kamera in Verbindung mit einer Weitwinkeloptik zufällig wiederentdeckt worden – und seither hat er eine ganze Reihe verwandter Strukturen am Himmel lokalisiert, katalogisiert und nach sich selbst sowie einem Sponsor benannt (Mandel, Sky & Tel. 112 #1 [July 2006] 78-81). Der »Catalog of Unexplored Nebulae« enthält bereits 9 Einträge, wobei sich der erste in unmittelbarer Nähe des Polarsterns befindet. Bei den rötlich glimmenden Nebeln – die grösstenteils schon 1965 auf Bildern des 1,2-m-Schmidtteleskops des Palomar Observatory entdeckt wurden – handelt es sich um die Extended Red Emission (ERE) von ausgedehnten Staubkomplexen, die die Satelliten COBE und zuvor IRAS (als galaktischer infraroter »Zirrus«) schon eingehend im fernen Infraroten kartiert hatten. Die schwache Emission bei 500 bis 1000 nm entsteht offenbar, wenn die winzigen Staubteilchen UV-Photonen von weit entfernten Sternen der Milchstraße absorbieren und als rotes Licht wieder abstrahlen. Die Amateurbeobachtungen dieses Phänomens unserer Milchstraße zeigen die altbekannten und schon fast wieder vergessenen (oder allenfalls buchstäblich als »Dreckeffekt« betrachteten) Staubwolken nun in einer ungeahnten Detailfülle: In Fachkreisen haben sie solchen Wirbel ausgelöst, dass der Beobachter bereits an Fachveröffentlichungen und neuen IR-Beobachtungen mit Spitzer beteiligt wird. Die Lektion daraus: Auch hinter vermeintlichen Artefakten auf Astrofotos kann große; Astrophysik stecken!

Daniel Fischer

Share
Published by
Daniel Fischer

Recent Posts

Astronomie im Winter: 3 schnelle Tipps, für die Beobachtung

Im Sommer wundervoll warm aber Astronomie im Winter eine Zumutung? Von wegen. Was Sie machen…

4 Jahren ago

Spix‘ Blick zum Mond: Hesiodus – Lichtspiele und Doppelwall

Die letzte Ausgabe des »Blicks zum Mond« ist noch einmal etwas für Frühaufsteher. Am 1.…

5 Jahren ago

Was ist eigentlich … 66?

Keine Sorge! Ich werde jetzt definitv nicht in irgendwelchen numerologischen Geheimnissen herumkramen und mich über…

5 Jahren ago

InSights Solarzellen offen – mehr Bilder

Nach der perfekten Landung von InSight auf dem Mars und dem Empfang des ersten Bildes…

5 Jahren ago

Eine Landung wie nach Drehbuch: InSight steht in der Elysium Planitia

Die Landung vom InSight auf dem Mars ist noch perfekter abgelaufen als erhofft. Nicht nur…

5 Jahren ago