Meldungen aus der Forschung

Europas ExoMars-Rover: über 400 Mio. Euro fehlen noch

Wenn am 1. und 2. Dezember die Wissenschaftsminister der ESA-Staaten im Schweizer Luzern zu ihrem turnusmäßigen Gipfel zusammen kommen, um fundamentale Entscheidungen über Europas Raumfahrt zu treffen, steht auch die Fortsetzung des gemeinsam mit Russland betriebenen ExoMars-Programms auf der Tagesordnung: Zusätzliche Zusagen über gut 400 – statt wie es bisher meist hieß 300 – Millionen Euro sind nötig, um einen großen Marsrover 2020 auf die Reise zu schicken.

Das noch namenlose Mars-Fahrzeug würde buchstäblich Neuland betreten: Erstmals wäre ein Bohrer dabei, der Bodenproben aus 2 Metern Tiefe holen könnte, wo sich etwaige Lebensspuren viel besser als an der Oberfläche gehalten haben sollten. Entsprechend groß ist der Rückhalt bei den federführenden Nationen Italien und Vereinigtes Königreich, doch als „freiwilliges“ ESA-Programm, können die vielen anderen Mitgliedsstaaten nicht verpflichtet werden, die fehlende Summe aufzubringen. Und da jeder seine Prioritäten anders setzt, gilt es keineswegs als sicher, dass das Programm die Ministerratstagung überstehen wird. Nicht nur wegen der unsicheren Finanzierung, auch wegen technischer Schwierigkeiten war der Starttermin zuletzt von 2018 auf den August 2020 gerutscht: Der wäre bei Freigabe der Mittel nun immerhin zu halten, hat gerade ein Gutachten festgestellt. Allerdings gibt es dem Vernehmen nach noch große Diskussionen über die Möglichkeit des Rovers zu autonomer Navigation, die ihn schnell zu neuen Zielen bringen und mehr Wissenschaft ermöglichen würde: Aus Kostengründen wurde das erst einmal wieder gestrichen, aber es gibt nun Anstrengungen, diese lokale Intelligenz doch noch zu realisieren.

Eine Rolle bei der Entscheidung über die 2020-er werden gewiss auch die Erfahrungen mit der 2016-er Mission spielen: Pünktlich zum Meeting sollen die Ergebnisse erster Testbeobachtungen mit dem Trace Gas Orbiter inklusive Aufnahmen seiner Kamera präsentiert werden. Und die Aufklärung des Absturzes des Landedemonstrators Schiaparelli kommt voran: Wie schon vor einem Monat erkannt, geriet die Lageregelung während der Fallschirmphase – vermutlich durch zu heftige Bewegungen der Kapsel – derart durcheinander, dass der Navigationsrechner fälschlich auf eine bereits erfolgte Landung schloss, obwohl sich Schiaparelli noch 3,7 km hoch befand. Insbesondere geriet ein Trägheitssensor kurz in Sättigung, was der Rechner zusammen mit den wohl korrekten Daten des Radarhöhenmessers in eine absurde „Höhe“ von 2 km unter der Marsoberfläche umrechnete. Dieser Fehler ließ sich in Simulationen nachvollziehen, aber wie solch ein Versagen des ganzen Abstiegssystems überhaupt möglich war, darüber herrscht noch Stillschweigen. Es ist umso peinlicher als eine Neuanalyse von Orbiter-Bildern des Beagle 2 auf der Oberfläche gezeigt hat, dass der kleine britische Lander vor 13 Jahren offenbar weich gelandet war und erst danach versagte – Schiaparelli kam nicht annähernd so weit …

Daniel Fischer

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