Erste Sterne wesentlich leichter als angenommen?

Die ersten Sterne des Universums, sogenannte Population-III-Sterne, unterschieden sich deutlich in ihrer Zusammensetzung und vermutlich auch in ihrer Masse von den Sonnen, die heutzutage üblicherweise den Kosmos bevölkern. In Ermangelung anderer Materialien bestanden sie ausschließlich aus Wasserstoff, Helium und Spuren von Lithium. Diese Elemente wurden bereits primordial in den Frühphasen des Universums erzeugt. Ursache dafür war der heiße Feuerball, der nach dem Urknall expandierte. In dieser Phase war der Feuerball so heiß, dass er selbst als riesiger Fusionsreaktor fungierte und Temperaturen erreichte, die für das Wasserstoff- und Heliumbrennen ausreichten. Der Bereich ab 100 Sonnenmassen, der im lokalen Universum nur noch bei Exoten wie η Carinae erreicht wird, war für Population-III-Sterne durchaus üblich. Sogar extreme Riesen von 200 Sonnenmassen sind in ihrer Entstehung denkbar, bis der von ihnen ausgehende Strahlungsdruck zu mächtig wird, und alles verbleibende Baumaterial um den jungen Stern hinwegbläst. In diesem Zusammenhang sprechen die Astronomen häufig auch von Very Massive Stars (VMS), sehr massereichen Sternen.

Doch Berechnungen solcher Art könnten sich als zu hoch gegriffen herausstellen. Aktuelle Überlegungen legen zumindest diesen Schluss nahe. Stellten sich die dieser Annahme zu Grunde liegenden zweidimensionalen Simulationen, die die Evolution von Protosternen bis zum Zünden des Wasserstoffbrennens verfolgen, als tragfähig heraus, besäßen die Population-III-Sterne eher um die 40 Sonnenmassen. Untermauert werden die bisherigen Ergebnisse durch eine weitergehende dreidimensionale Simulation der dynamischen Prozesse in der frühen Sternentwicklungsphase. Kern der Simulationen ist die Annahme, dass bei der Entstehung der allerersten Sterngeneration das umgebende Gas durch die in Wärme umgesetzte Gravitationsenergie des Kollapses der primordialen Wolke weitaus höher aufgeheizt wurde, als es in heutigen Sternentstehungsgebieten zu beobachten ist. Die in Form von Infrarotstrahlung abgestrahlte Energie bewirkt eine schnelle Wärmebewegung der Moleküle, was gleichzeitig einen hohen Druck, der einer weiteren Akkretion entgegenwirken kann, zur Folge hat. Als Konsequenz der Überlegungen ergibt sich dann auch ein eher konventionelles Ende der Population-III-Generation. Anstelle einer exotischen PISN (pair instability supernova, oder Paarinstabilitätssupernova) bei der der Stern nicht zu einem kompakten Objekt kollabiert, sondern vollständig zerrissen wird, stünde eine »normale« Supernova. Der Grund, warum das Objekt in einer PISN nicht völlig kollabiert, liegt, vereinfacht ausgedrückt, im fehlenden Kerndruck. Er ist nicht hoch genug, um schwere Elemente, wie Eisen bilden zu können, was gleichwohl aber die Voraussetzung zu einem erfolgreichen Kernkollaps darstellt. Dass dieser Unterschied nicht nur akademischer Natur ist, zeigt die Tatsache, dass die heute beobachtbare Elementverteilung anhand einer konventionellen Supernova-Historie eleganter erklärt werden kann, als durch die Paarinstabilitätshypothese, die zudem noch mit der Schwierigkeit behaftet ist, dass der Nachweis der zu erwartenden typischen chemischen Signaturen einer PISN im frühen Universum bis dato noch aussteht.

Lars-C. Depka

Die ersten Sterne:
arxiv.org/abs/1109.3147
Weitere Arbeit:
www.sciencemag.org/content/early/2011/11/09/science.1207433.abstract?sid=331f8fc9-bbcb-46f0-8133-b06ed1ae281e
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