Meldungen aus der Forschung

Eis an den Polen des Mondes: Lieferte der Orbiter Chandrayaan-1 den Beweis?

Zehn Jahre nach der Mission des ersten indischen Mondorbiters Chandrayaan-1, der von 2008 bis 2009 gearbeitet hatte, werden nun Daten eines amerikanischen Instruments an Bord – zusammen mit Messungen des US-Orbiters LRO – als sehr klare Hinweise auf Wassereis auf dem ewig dunklen Boden einiger Krater an beiden Polen des Mondes interpretiert. Aber viele finstere Krater sind eisfrei: Auch das ist eine wichtige Erkenntnis.

Der Moon Mineralogy Mapper war ein Instrument, das die NASA für Chandrayaan-1 geliefert hatte: Es war die erste indische Weltraummission zu einer anderen Welt, und da fehlte es an eigener Erfahrung für planetare Messgeräte. Und ausgerechnet M³, wie das Instrument abgekürzt wurde, scheint nun für einen Durchbruch in der Mondforschung verantwortlich zu zeichnen: Eindeutiger als mehrere Geräte auf dem amerikanischen Lunar Reconnaissance Orbiter hat es die spektrale Signatur von Wassereis an einigen Punkten nahe beider Pole des Mondes gesichtet – genau wo man es auch erwarten würde, auf den Böden von Impaktkratern, die nie von direktem Sonnenlicht erreicht werden. Aber über Kraterränder und Mondberge wird doch genug Licht in die Krater geworfen, dass M³ das nahinfrarote Spektrum des wiederum von ihren Böden reflektierten Lichts messen konnte. Das gemeinsame Auftreten von starker Absorption bei drei Wellenlängen (Grafik unten) erwies sich dabei als ziemlich eindeutige Signatur von Wassereis – die auch überwiegend nur dann auftrat, wenn die Temperatur an einer Stelle das ganze Jahr hindurch nie über 110 Kelvin stieg und wenn der Boden dort besonders hell war. Die beiden letzteren Informationen stammen von Instrumenten auf dem LRO, in dessen Temperaturkarte oben die Eis-Funde eingezeichnet sind.

Das gemittelte Spektrum – Reflexion gegen Wellenlänge in µm – aller mutmaßlich eishaltigen Stellen am Mondnordpol: Die markanten Absorptionen bei 1,3, 1,5 und 2,0 µm gelten zusammen als eindeutiger „Fingerabdruck“ von Wassereis. [Li et al.]
Zwar zeigen mehrere Tausend der 280 m großen M³-Pixel bei Mondbreiten größer als 70° die richtige spektrale Signatur, aber keineswegs jede lunare „Kältefalle“ enthält Eis (mit dem lockeren Mondboden, dem Regolith, vermischt): Es sind sogar nur 3,5 Prozent aller Kandidaten. Bei den vergleichbaren Himmelskörpern Merkur und Ceres sind die kalten Regionen besser besetzt: Beim Mond ist also definitiv etwas anders, und die Anlieferung des Wassers durch Impakte, sein Transport in die Kältefallen und/oder die Prozesse, die es dort festhalten, unterscheiden sich. Frühere Schwankungen der Rotationsachse des Mondes dürften zum Beispiel dafür gesorgt haben, dass viele Kraterböden erst wenige Jahrmilliarden permanent im Dunkeln liegen, und die Eis-Zulieferung erfolgt nur sehr langsam. Während andererseits fortwährende Mini-Impakte, sogenanntes Impact Gardening, dem Regolith seine Eisbestandteile effizient wieder austreiben können: Das Auftreten und v.a. auch Fehlen von Eis konkret zu erklären, wird noch einiger Arbeit bedürfen. In Indien freut man sich derweil sehr über den späten Erfolg von M³ – denn die zweite Mondmission Chandrayaan-2, die kommenden Januar nach etlichen Verzögerungen beginnen soll, beinhaltet eine Landung in der Nähe des Mond-Südpols. Eher als jede andere Raumfahrtnation könnte Indien damit direkten Kontakt mit dem Mondeis aufnehmen. Und diesmal sind nur noch einheimische Instrumente an Bord, die überdies besser für seine Analyse geeignet sind.

LINKS:

Originalarbeit: http://www.pnas.org/content/early/2018/08/14/1802345115
JPL Release: https://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?feature=7218
Indische Reaktion: https://timesofindia.indiatimes.com/india/nasas-finding-useful-chandrayaan-2-will-dig-deep-for-water-on-moon/articleshow/65506993.cms

Daniel Fischer

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Daniel Fischer

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