Einsamer Nachweis eines kleinen Körpers im Kuiper-Gürtel

Die Sekundenbruchteile, als wahrscheinlich ein kleiner Körper im Kuiper-Gürtel vor einen Stern mit 13 ,m4 trat: Die Fehlerbalken sind die tatsächlichen Helligkeitsmessungen des Fine Guidance Sensors 2 des Hubble Space Telescope am 24. März 2007, die gestrichelte Kurve ist eine Simulation des am besten dazu passenden Beugungsmusters, und die Quadrate sind daraus generierte Helligkeitswerte für Intervalle von 0,025 Sekunden. Eine Wahrscheinlichkeit von 2% bleibt, dass der Helligkeitsausschlag nichts als Rauschen ist. [Schlichting et al.]

Es gibt nur einen einzigen Fall, selbst dieser ist nicht hieb- und stichfest – aber die Bedeutung einer Messung des Hubble Space Telescope von nur einer Fünftel Sekunde Dauer (oder vielmehr der Tatsache, dass sie die einzige blieb) für unser Verständnis des Kuiper-Gürtels jenseits der Neptun-Bahn ist erstaunlich. Direkt beobachten lassen sich in diesen Distanzen von 30AE bis über 50AE nur Körper von 100km und mehr Durchmesser, aber ein Trick verspricht Erkenntnisse über wesentlich kleinere Objekte: Auch sie wären immer noch groß genug, um einen Stern kurz zu bedecken.

Etliche Suchprogramme hat es schon gegeben, mit vielen negativen und vereinzelten positiven Resultaten, die aber immer fragwürdig blieben: Zu leicht kann die Szintillation der Erdatmosphäre eine Sternbedeckung von einem Sekundenbruchteil vorgaukeln. Und auch eine Messreihe mit einem Röntgensatelliten, die dutzende von Bedeckungsereignissen zu beinhalten schien, stellte sich bald als wahrscheinliches Instrumentenproblem heraus. Aber da gibt es noch ein empfindliches Fotometer außerhalb der Erdatmosphäre, das eigentlich gar keins ist: Die Fine Guidance Sensors (FGS) des Hubble Space Telescope, die zur hochgenauen räumlichen Ausrichtung des Weltraumteleskops dienen, aber dabei 40 Mal in der Sekunde die Helligkeit der Leitsterne messen. 12000 Stunden solcher Messungen aus dem Archiv sind nun ausgewertet worden – und exakt ein mögliches Bedeckungsereignis steckte in der Datenflut (Grafik): Wenn ein 1km großer Körper in 40AE bis 50AE Sonnenentfernung vor dem Stern hergezogen ist, dann müsste er ein charakteristisches Beugungsmuster produziert haben, dass der gemessenen Lichtkurve zumindest stark ähnelt. Interessanterweise ist es nun fast egal, ob dieses Ereignis echt war oder nicht: Dass es in den 12000 Stunden überhaupt nur zwischen 0 oder 1 Bedeckungen gab, widerlegt radikal alle anderen behaupteten Bedeckungen aus anderen Programmen, denn aus deren vermeintlicher Statistik hochgerechnet hätten die FGS weit mehr als ein Ereignis sehen müssen.

Stattdessen sieht es nun so aus, dass es unterhalb der 100km-Grenze sogar ein Defizit an kleineren Objekten im Kuiper-Gürtel gibt: Offenbar zermahlen sie sich durch Kollisionen untereinander, so dass die Überbleibsel auch mit Sternbedeckungen nicht mehr nachweisbar sind – ein Prozess, wie er übrigens auch in Kuiper-ähnlichen Scheiben um andere Sterne indirekt beobachtet wird. Und die nun möglicherweise erfolgreiche Nachweistechnik mit einem Photometer im Orbit eignet sich genau so gut zur direkten Suche nach Körpern in der Oortschen Wolke noch weit jenseits des Kuipergürtels: Der Satellit Kepler zum Beispiel könnte bis zu 100 Oortsche Treffer erzielen, während ihm wegen des ekliptikfernen Gesichtsfelds so gut wie kein Objekt aus dem Kuiper- oder auch Asteroidenhauptgürtel vor einen Stern treten sollte.

Daniel Fischer

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