Meldungen aus der Forschung

Ein Komet im Asteroiden-Gürtel – aus zwei Teilen

Die Welt der kleinen Körper des Sonnensystems ist noch etwas vielfältiger geworden: Einer jener mysteriösen Kometen mit Bahnen im Hauptgürtel der Asteroid hat sich für das Hubble Space Telescope als Doppelkörper entpuppt.

Er ist gleichzeitig Komet 288P und Asteroid 300163: ein ansonsten namenloser Kleinkörper mit Aktivität – einer Staub- und/oder Gashülle (Koma) und einem Schweif – wie ein typischer Komet, der seine Bahn aber im Hauptgürtel der Asteroiden zwischen Mars und Jupiter zieht. „Aktivierte Asteroiden“ oder „Hauptgürtel-Kometen“ werden diese Zwitter genannt. Eine Anzahl Prozesse könnten dahinter stecken: echte Kometenaktivität durch austretendes Gas, das in ihrem Inneren gefroren vorlag, Zerfallsprozesse zerbrechlicher Felsenkörper durch zu schnelle Rotation, Kollisionen zwischen zwei Asteroiden zum Beispiel. Die mehrmonatige Aktivität von 288P während seiner Sonnennähe 2011 dürfte echte Kometenaktivität gewesen sein, befeuert allerdings durch schnelle Rotation. 2016 nun ist das Objekt der Erde relativ nahe gekommen – und das Hubble Space Telescope konnte einen Verdacht von 2011 bestätigen, dass im Inneren der Koma zwei Kerne sitzen. Beide sind etwa gleich groß und umkreisen einander auf einer elliptischen Umlaufbahn alle 100 bis 175 Tage. Die lange Achse der Ellipse ist um einen Faktor grob 100 größer als der Durchmesser der Kerne: ein gravierender Unterschied zu allen anderen bekannten Doppelasteroiden, wo dieser Faktor in der Regel unter 10 beträgt. Die gleich großen Brocken und ihre extrem elliptische Bahn umeinander sowie die anhaltenden Aktivität weisen auf einen anderen Entstehungsweg hin.

Auch 2016/17 war 288P rund um seinen sonnenächsten Bahnpunkt wieder aktiv: ein klarer Hinweis auf ein Depot aus gefrorenem Gas. Es lässt sich sogar aus der Entwicklung seiner Erscheinung schließen, dass das freigesetzte Gas erst eine grobe Kruste – wohl von 2011 – weg blies und dann feineren Staub in die Koma bugsierte. Weniger klar ist, wie der Komet ursprünglich zerbrochen ist: Die exotische Bahn seiner beiden Kerne umeinander passt im Prinzip sowohl zu einer Kollision, die einen größeren Kern spaltete, wie auch einer immer schnelleren Rotation unter Sonnenbestrahlung (der YORP-Effekt), der zum Zerfall führte: Letzteres Szenario scheint insgesamt wahrscheinlicher, da Kollisionen eher selten sind und in der Regel nur einen kleinen Brocken aus dem Hauptkörper schlagen und ihn nicht sauber halbieren. Nach einer sanften Spaltung durch Rotation vor vielleicht 5000 Jahren dagegen könnte die einsetzende Gasfreisetzung der Fragmente mit ihren frischen Oberflächen bei der Ausbildung des weiten Ellipsenorbits mitgeholfen haben, auf dem sich die beiden je rund 1 km großen Kerne auf bis zu 100 km voneinander entfernen. Doppelasteroiden sind nicht leicht zu entdecken: Die meisten Systeme wurden entweder – mit Radar – in Erdnähe entdeckt oder weil sich die Komponenten auf enger Umlaufbahn gegenseitig verfinstern. Andere Fälle wie 288P wären trotzdem im Hauptgürtel nachweisbar: Dass dies nicht der Fall ist zeigt, dass solche System wirklich Raritäten sind.

LINKS:

Hubble Release mit Originalarbeit: http://spacetelescope.org/news/heic1715
PM der MPG: https://www.mpg.de/11479535/doppelasteroid
Animation der Hubble-Bilder: https://www.youtube.com/watch?v=yq2RjFqaztM

Daniel Fischer

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