Ein Echo von Tychos Supernova

Das Lichtecho der Supernova von 1572, aufgenommen links mit dem 2,2m-Teleskop auf dem Calar Alto und rechts mit dem 8,4m-Subaru-Teleskop im September 2008. Das Rechteck zeigt die Stelle, wo sich 2006 ein Lichtecho befand, das Kreuz den Punkt, wo die neuen Spektren aufgenommen wurden. Der Pfeil weist in Richtung des Supernovaüberrests. [Subaru Telescope/NAOJ]
Ihr Ausbruch am Himmel liegt über 400 Jahre zurück, aber dank der »Umleitung« des Lichtweges über interstellare Staubwolken nahe der Sichtlinie ist es diesen Herbst gelungen, klare Spektren der hellen Supernova in der Milchstraße des Jahres 1572 aufzunehmen: Weil die Strecke, die die Photonen zurücklegen mussten, um 436 Lichtjahre länger als der direkte Weg zur Erde war. Solch eine »spektrale Zeitreise« war kürzlich zum ersten Mal bei der Supernova gelungen, die den Überrest Cassiopeia A hinterließ, und dabei wurde klar, dass auch die — von Tycho Brahe beobachtete — Explosion derartige Lichtechos am Himmel hinterlassen hatte. Wie Aufnahmen zu verschiedenen Zeitpunkten — inspiriert durch den Cas-A-Erfolg — zeigen, bewegen sich diese Abbilder des Helligkeitsmaximums langsam aber stetig vom Explosionsort am Himmel weg, was ihre Natur als Lichtechos beweist. Mit dem großen japanischen Subaru-Teleskop konnte schließlich ein Spektrum der hellsten Stelle des Echos aufgenommen werden, von der Detailfülle so gut wie sonst die Spektren von direkt beobachteten Supernovae in anderen Galaxien sind. Der Vergleich mit anderen guten Supernova-Spektren liefert ein eindeutiges Ergebnis: Tychos Supernova war — wie schon lange vermutet — eine völlig klassische Sternexplosion des Typs Ia, also eines nach Massenzufluss eines Begleiters detonierten Weißen Zwerges. Damit kennen wir zum ersten Mal überhaupt den genauen Typ einer Supernova in der Milchstraße — und können auch konstatieren, dass die vorläufige Typenbestimmung anhand der Eigenschaften des Supernovaüberrests wie auch der vagen Aufzeichnungen Tychos über das Erscheinungsbild und die Veränderungen der bis zu —4m hellen Supernova korrekt war. Die Ausnutzung von Lichtechos für zeitversetzte Supernova-Spektroskopie war schon vor über 40 Jahren vorgeschlagen worden, aber erst jetzt sind die Teleskope und Detektoren dazu auch in der Lage. Selbst physikalische Eigenarten der alten Supernova — deren Aufleuchten Ende des 16. Jahrhunderts mit zum baldigen Umbruch des alten, statischen Weltbildes beitrug — können den Echo-Spektren entlockt werden: Die Explosion scheint etwas asymmetrisch verlaufen zu sein, vielleicht das Werk des Begleiters.

Daniel Fischer

Pressemitteilung des Subaru-Teleskops: www.subarutelescope.org/Pressrelease/2008/12/03
Pressemitteilung der MPG:
www.mpg.de/bilderBerichteDokumente/dokumentation/pressemitteilungen/2008/pressemitteilung20081203
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