Jenseits des Neptun sind bekanntlich ein paar ganz große; Brocken aufgespürt worden, die neuerdings zu den Zwergplaneten gezählt werden, dazu viele hundert weitere »Kuiperoids« bis zu einigen hundert Kilometern Durchmesser hinab – aber wieviele Körper gibt es dort, die so klein sind, dass sie sich jeder direkten Beobachtung entziehen? Eine clevere Technik, sie dennoch nachzuweisen, besteht aus der Beobachtung von Sternen mit hoher Zeitauflösung: Irgendwann müsste irgendein Kuiperoid sie ganz kurz »ausknipsen«, wenn es durch den Sehstrahl zieht. Versuche mit dieser Technik im Optischen haben bisher entweder Nullresultate oder sehr umstrittene vermeintliche Nachweise geliefert (Science vom 21.7.2006 S. 294) – aber nun gibt es einen ziemlich überzeugenden Erfolg aus der Röntgenastronomie, der bereits für einige Unruhe unter Theoretikern sorgt.
Chang et al. (Nature 442 [10.8.2006] 660-3) analysierten Messreihen des Satelliten RXTE von Scorpius X-1, der hellsten und zuerst entdeckten Röntgenquelle überhaupt: Die Flut an Röntgenphotonen dieser Punktquelle, 100 000 pro Sekunde, erlaubte die Suche nach Aussetzern von nur Millisekunden Dauer, was im Optischen nicht möglich ist. Und da waren tatsächlich 58 »Dip Events«, meist 2 bis 3 ms lang und teilweise sehr signifikant, während Beobachtungen einer ausgedehnten Röntgenquelle (dem Innenbereich des Krebsnebels) mit demselben Instrument keinerlei entsprechende Einbrüche zeigten: Das spricht stark für Unterbrechungen der Sichtlinie zu Sco X-1 durch kleine, undurchsichtige Körper. Leider lässt sich nicht direkt sagen, wie weit diese wohl von der Sonne entfernt waren, aber wenn man sie in den Kuipergürtel platziert (dass Sco X-1 nur 6° von der Ekliptik entfernt liegt, spricht für Täter im Sonnensystem), dann wären Transneptune von typischerweise 50 Metern Durchmesser die Verursacher der Dips.
Von Körpern des Größenbereichs 10 bis 100 Meter gäbe es dann hochgerechnet 1015, rund eine Billiarde: Das liegt ein wenig über einer Extrapolation aus den direkt entdeckten viel grösseren Transneptunen, mit der es aber noch statistisch verträglich wäre. Doch die Zahl liegt andererseits um 3 bis 5(!) Größenordnungen über dem, was Modelle über die Entstehung des Kuipergürtels erwarten lassen (Cooray, ibid. 640-1). Unabhängige Bestätigungen des Nachweises per Röntgen-Dip wären also wünschenswert, und in mehreren Richtungen sind Fortschritte denkbar. So besteht eine gewisse Hoffnung, bei den Dips Beugungseffekte nachzuweisen, mit denen sich die Größe und Entfernung der verfinsternden Objekte eingrenzen liessen (ibid. xi). Und die ESA-Satelliten Herschel und Planck, die 2008 starten sollen, sollten in der Lage sein, die Gesamtwärmestrahlung der kleinen Kuiperoids direkt zu messen (Cooray, ibid. 640-1).
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