Unter den Sternen sind sie nur eine winzige Minderheit, einer von 20000 gehört dazu, aber mit über 15 Sonnenmassen, Leuchtkräften vom 30000- bis millionenfachen der Sonne, extremem Sternwind und Supernova-Explosionen am Ende ihres kurzen Lebens spielen die Sterne der Spektralklasse O für die Entwicklung von Galaxien eine bedeutende Rolle. Und nun hat sich bei der systematischen Durchmusterung von sechs nahen offenen Sternhaufen heraus gestellt, dass fast 75% der 71 darin untersuchten O-Sterne einen so engen Begleiter haben, dass es zu einem Massenaustausch kommt – der natürlich die weitere Entwicklung des Sterns dramatisch beeinflusst. Zusammen mit Modellrechnungen für enge Doppelsterne ergibt sich, dass 20% bis 30% aller O-Sterne mit ihren Begleitern verschmelzen und 40% bis 50% entweder ihre Hüllen an den Partner verlieren oder umgekehrt von ihm viel Masse absaugen. Dadurch verändert sich beider Entwicklungsgang völlig.
Nur eine kleine Minderheit der massereichsten Sterne der Milchstraße entwickelt sich ungestört, was man bisher für den Regelfall hielt. Die Dominanz der engen Doppelsysteme – die bei früheren Katalogisierungen von O-Sternen nicht in diesem Maße aufgefallen war – muss künftig nicht nur für individuelle Fälle in der Milchstraße sondern auch bei der Betrachtung anderer sternbildender Galaxien berücksichtigt werden. Und sie wird von den meisten theoretischen Vorstellungen über die Bildung massereicher Sterne nicht vorhergesagt: Nur wenn es zur Fragmentierung von Akkretionsscheiben durch Schwerkraft-Instabilität kommt, was in den neuesten Simulationen tatsächlich der Fall ist, lässt sich der hohe Anteil von engen Begleitern vielleicht verstehen. Die engen Doppelsysteme erscheinen dabei am Himmel auch den schärfsten Fernrohren nur als – allerdings sehr helle – Lichtpunkte: Erst spektroskopisch wird klar, dass der O-Stern von einem Begleiter umkreist wird und dadurch einen kleinen Radialgeschwindigkeits-Effekt zeigt.
Daniel Fischer
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