Sie heißen »ultrakompakte Zwerge« (Ultra-Compact Dwarf, UCD), liegen größen- wie massenmäßig zwischen den Kugelsternhaufen und kleinen elliptischen Galaxien, und seit ihrer Entdeckung Ende des letzten Jahrhunderts wird darüber gerätselt, ob es denn nun Sternhaufen oder eigenständige Sternsysteme von Galaxienrang sind. Inzwischen neigt man zu dem Kompromiss, UCDs mit weniger als einer Million Sonnenmassen als Sternhaufen und solche mit über 100 Mio. Sonnenmassen als echte Galaxien anzusehen. Oder auch als deren Überreste, d.h. früher viel größeren Galaxien, die Gezeitenkräfte noch größerer Nachbarn des Großteils ihrer Sterne beraubten: Gezeiten-»Stripping« wird dieser Vorgang genannt. Als ungewöhnliches Exemplar der größeren Kategorie hat sich nun M60-UCD1 in der Nähe der Virgohaufen-Galaxie Messier 60 entpuppt, eine Entdeckung mit dem Hubble Space Telescope: Sie hat mehr Masse als irgendeine UCD vergleichbaren Durchmessers und ist damit die dichteste bekannte Galaxie des lokalen Universums.
M60-UCD1 bringt es auf 200 Mio. Sonnenmassen und ist mit einer absoluten visuellen Helligkeit von –14,M2 auch die leuchtkräftigste UCD, aber ihr Durchmesser beträgt nur etwa 150 Lichtjahre: Damit ist sie um etwa einen Faktor 3 dichter als Messier 32. Ihr noch stärker kondensierter Innenbereich kann es sogar mit den dichtesten Sternhaufen aufnehmen. Allerdings sind bei anderen Suchprogrammen bereits einige ähnlich gelagerte, wenn auch nicht so extreme Fälle aufgespürt worden: Ein völliger Außenseiter ist M60-UCD1 nicht. Entstanden ist diese Galaxie wahrscheinlich durch das Gezeitenstripping einer normalen Galaxie mit einst 100-mal höherer Leuchtkraft und 50- bis 200-mal größerer Masse, denn sie ähnelt heute den Kernbereichen der Virgogalaxien NGC 4379 und NGC 4387 und könnte vor ihrer »Misshandlung« durch Messier 60 ähnlich ausgesehen haben. Interessanterweise gibt es im Zentrum von M60-UCD1 eine markante Röntgenquelle: Dies könnte ein Aktiver Galaktischer Kern sein, der das Unglück überstanden hat.
Daniel Fischer
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