Die ersten Stardust-Papers: Kometenkern der reinste Mischmasch

Stardust Papers

Noch läuft die Analyse der Staubteilchen aus der Koma des Kometen Wild 1 auf Hochtouren, die die Raumsonde Stardust 2004 einsammelte und Anfang 2006 zur Erde brachte, und sie dauert vielleicht noch Jahrzehnte. Aber der erste Eindruck hat sich längst zur Gewissheit gewandelt, wie auf einer AGU-Pressekonferenz am 14.12.2006, in zahlreichen Papers in einer Special Section der Zeitschrift Science (314 [15.12.2006] 1707-39) und Pressemitteilungen u.a. von der Univ. Washington, dem JPL, der NASA, dem Nat’l History Museum und Imperial College, der Univ. St. Louis, Carnegie Inst., Univ. Berkeley, Univ. Dartmouth, MPG, Uni Jena und Uni Münster berichtet wurde: Kometenkerne sind alles andere als verlässliche Kühlschränke für die Bestandteile interstellarer Materie, aus denen sich einst das Planetensystem zusammenballte. Vielmehr

  • wurden Komponenten vieler der Staubteilchen von Wild 2 vor ihrem Einbau enorm (auf weit über 1000 K) aufgeheizt, was nur im inneren Sonnensystem geschehen sein kann,
  • gibt es in der Regel pro Staubteilchen ein besonders große;s Subpartikel und sind alle Staubteilchen kleine »Felsen«, d.h. sie bestehen aus jeweils mehreren unterschiedlichen Mineralien, und zwar auch solchen, die man aus diversen planetaren Körpern des Sonnensystems bestens kennt,
  • und stammt der Großteil des Kometenstaubs in der Tat aus dem Sonnensystem selbst und nur sehr wenig aus dem interstellaren Raum, wie man klar an Isotopenverhältnissen erkennen kann, die in den meisten Fällen denen der Materie im inneren Sonnensystem entsprechen.

Damit wird immer deutlicher, dass es bei der Bildung des Planetensystems zu einer gravierenden Durchmischung von ganz innen bis ganz aussen kam, wobei die Bestandteile der protoplanetaren Scheibe entweder innerhalb dieser wanderten oder aber ballistisch aus Sonnennähe nach aussen geschleudert wurden – quer über die gesamte Breite der Scheibe. Zehn Prozent oder mehr der Kometenmaterie insgesamt stammen aus dem inneren Sonnensystem! Diese Irrläufer in der Kometenmatrix vergleichen die Stardust-Forscher mit Findlingen, d.h. Fremdgestein von weither, das Gletscher nach ihrem Rückzug irgendwo zurückliessen. Zumindest einige Kometenkerne haben den durchmischten Frühzustand des Sonnensystems freilich erfolgreich konserviert, womit sie uns unverhoffte Auskunft über die Bildungsprozesse der Planeten – hier und anderswo – geben. Der Chemie des Wild-Staubes kann man nämlich entnehmen, dass ihm nach seinem Einbau in den Kometenkern keinen weiteren starken Veränderungen mehr widerfahren sind. (Beim Kern von Tempel 1 zum Beispiel scheint das anders gewesen zu sein, denn aus IR-Spektren seines – von Deep Impact freigeschlagenen – Innenlebens kann auf zeitweise flüssiges Wasser schliessen, das verräterische Mineralien hinterliess.) Mit den Veröffentlichungen Ende 2006 ist die erste Runde der Stardust-Studien abgeschlossen: Insgesamt 200 Wissenschaftler in vielen Ländern haben sich vor allem die grössten Partikel vorgenommen mit einer Fülle von Techniken – bis hin zu gewaltigen Synchrotron-Beschleunigern von Kilometern Ausdehnung – bearbeitet. Erfreulicherweise haben viele Teilchen den Einfang im Aerogel mit immerhin 6 km/s fast unbeschadet überstanden: im Bild zwei typische Impaktkanäle im Aerogel; die Blase entstand durch expandierende flüchtige Gase, der Rest des Teilchens hängt entlang des Kanals, mit dem Rest ganz am Ende. Eine große; Bandbreite an Materialien wurde bei den Untersuchungen schon aufgespürt, sowohl bei den festen Bestandteilen wie auch bei den flüchtigen organischen Beimischungen, die nur mühsam zu untersuchen sind. Von http://www.oculum.de/newsletter/astro/000/20/3/23.7j3.htm#2 gibt es allerdings noch keine Ergebnisse, wie interstellarum auf der Pressekonferenz erfuhr: Einige interessante Kandidaten für interstellaren Staub wurden zwar schon gefunden aber noch nicht untersucht.

Daniel Fischer

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