Das nächste große Ziel der Exoplaneten-Jagd ist es, einen »Zwilling« der Erde zu finden, der drei Kriterien erfüllt: Er muss einen Erddurchmesser haben und in rund einer Astronomischen Einheit Abstand um einen Stern kreisen, der der Sonne ähnelt, was ihn zugleich inmitten der habitablen Zone ansiedeln würde. Gleich zwei von fünf Planeten des Sterns Kepler 20 erfüllen nun erstmals gleichzeitig die ersten beiden dieser Kriterien, was zu Recht als nächster großer Meilenstein gefeiert wird, auch wenn die beiden »Exoerden« viel zu nahe um ihre Sonne kreisen und völlig unbewohnbar heiß sind. Kepler-20e und -20f sind »validiert«, d.h. ihre Realität ist weitgehend abgesichert, aber man kennt ihre Massen noch nicht, nur die Durchmesser, die sich direkt aus ihren Durchgängen vor dem Sternscheibchen bestimmen lassen. Mit rund 0,9 und 1,0 Erddurchmessern sind Kepler-20e und -20f tatsächlich die ersten bekannten Exoerden, denn der bisherige Rekordhalter für den kleinsten sicher nachgewiesenen Exoplaneten eines normalen Sterns, Kepler-10b, hat immerhin 1,4 Erddurchmesser. Die Massen der beiden Exoerden sind zu gering, um mit heutiger Spektroskopie einen eindeutigen Effekt auf die Radialgeschwindigkeit ihres Sterns (der geringfügig kleiner und kühler als unsere Sonne ist) auszuüben, so dass dieser wesentliche Test ihrer Planetennatur noch fehlt. Gegenseitige Bahnstörungen der Planeten könnten aber im Lauf der Zeit doch noch zu Massenwerten führen – oder der neue Super-Spektrograph HARPS-North, der nächstes Jahr auf La Palma in Betrieb geht, kann den beschriebenen Effekt beobachten.
Die Wahrscheinlichkeiten, dass ein just in der Sichtlinie stehender Doppelstern die Transits von Kepler-20e und -20f nur vortäuscht, können jedoch schon jetzt mit 1:3400 bzw. 1:1370 so gering beziffert werden, dass an der Realität der beiden Planeten keine Zweifel bestehen. Auch wenn ihre Massen und damit Dichten noch unbekannt sind, dürfte es sich bei Kepler-20e und -20f um felsige Planeten mit recht erdähnlicher Zusammensetzung – Eisenkern und Silikatmantel – handeln: Ausgedehnte Gashüllen hätten keinen Bestand, da alle Planeten von Kepler 20 in geringerem Abstand um ihren Stern kreisen als der Merkur um unser Zentralgestirn. Allenfalls der sternfernere Kepler-20f könnte sich eine dichte Atmosphäre aus heißem Wasserdampf bewahrt haben: Bewahrt deshalb, weil die fünf Planeten kaum in der heutigen Konfiguration – dicht am Stern und eng beieinander – entstanden sein können. Vielmehr haben sie sich wohl weiter draußen gebildet und sind dann durch allerlei gravitative Wechselwirkungen mit der restlichen zirkumstellaren Scheibe sowie untereinander nach innen gewandert. Wie dabei allerdings die bisher in dieser Ausprägung noch nicht andernorts gefundene »Architektur« des Planetensystems zustande gekommen sein kann, mit abwechselnd einem gasförmigen Exoneptun und einer soliden Exoerde, ist das größte Rätsel, das das System Kepler 20 aufgibt.
Daniel Fischer
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