Planeten fremder Sterne sind inzwischen Tausende gefunden, von denen in der Regel die Durchmesser und/oder Massen bestimmbar sind, in einigen wenigen Fällen aber auch mehr. Einige Exoplaneten lassen sich neben ihren Sternen als isolierte Lichtpunkte beobachten und spektroskopieren, bei anderen sind dem gemeinsamen Licht von Stern und Planet Informationen über die Oberfläche oder Atmosphäre des Letzteren zu entlocken, oder die Planetenatmosphäre wird bei einem Durchgang vor der Sternscheibe durchleuchtet und erscheint in Absorption. Mit neuen Großteleskopen auf der Erde und im Weltraum (namentlich dem James Webb Space Telescope) werden solche Untersuchungen bald häufiger auch bei immer kleineren Planeten möglich werden, und die ersten Messungen an den Atmosphären erdähnlicher Planeten sind keine Utopie mehr. Doch wie die Daten interpretieren und gar mögliche Hinweise auf eine Biosphäre finden?
Die Erde als einziger mit Sicherheit bewohnter Planet bietet sich zur Erprobung und Entwicklung von Beobachtungstechniken an, doch sie wird selbst von den meisten Satelliten als riesiges Objekt voller Details wahrgenommen. Ihre globalen Eigenschaften, so wie man sie bei einem Exoplaneten messen würde, lassen sich daher nur mit Mühe modellieren. Wenn tatsächlich einmal eine Raumsonde die Erde aus großer Distanz beobachtet, bieten sich hingegen günstigere Bedingungen: So geschehen 2009, als die Erde dreimal ins Gesichtsfeld der Mondsonde LCROSS geriet, vor deren geplanten Impakt auf dem Mond. Spektren im nahen und mittleren Infrarot zeigten starke Absorption von Wasserdampf und Ozon, was durchaus als Biosignatur gilt. Ein populäres Modell der Erdatmosphäre wird durch die LCROSS-Daten in allen Punkten bestätigt. Und bei einer der Beobachtungen sah die Sonde die Erde fast im Gegenlicht als schmale Sichel, mit starker Vorwärtsreflexion des Sonnenlichts (»glint«) am Indischen Ozean: Dergleichen könnte eines Tages bei einer wolkenlosen Wasserwelt auch beobachtet werden.
Auch ein neues Transmissionsspektrum der Erdatmosphäre ist fast zeitgleich jetzt veröffentlicht worden: Entstanden mit einer schon fast klassischen Technik von der Erde aus (in diesem Fall einer chinesischen Sternwarte) während einer totalen Mondfinsternis. Das rote Licht im Kernschatten der Erde wird bekanntlich durch die Erdatmosphäre hineingebrochen, und deren Spektrum tritt – im Vergleich mit dem unverfinsterten Mond – zutage. Die Messungen während der Finsternis vom Dezember 2011 sind besonders aufschlussreich: Ozon hinterließ die stärkste Absorption und auch mehrere Isotope zweiatomigen Sauerstoffs, NO2 und H2O machten sich bemerkbar. Wasserdampf allerdings nur wenig und Natrium und Kalzium, die bei früheren Mondfinsternissen gesehen wurden, fehlten. Hätte man ein ähnliches Spektrum bei einem Exoplaneten gemessen, wären die Astrobiologen hellhörig geworden: Mit dem direkten Nachweis von Ozon und Sauerstoff und dem indirekten von N2O (das das NO2 nahelegt), wären gleich drei Biomarker aufgetaucht.
Daniel Fischer
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