Nicht dass sich der Zustand des Sonnensystems irgendwie verändert hätte, als die Vollversammlung (Abb.) der Internationalen Astronomischen Union (IAU) am 24. August um 15:34 MESZ in Prag den Pluto aus der exklusiven Gruppe der Planeten in die neugeschaffene Kategorie »Zwergplaneten« verschob: eine rein semantische Massnahme, doch begleitet von erstaunlich emotionalen Ausbrüchen von Laien wie Fachastronomen gleichermassen, und auf diese Weise doch ein bedeutender Augenblick in der Geschichte des Kosmos. Der Status eines Himmelskörpers als »Planet« ist eben doch etwas Besonderes: Wäre z.B. seit Jahresbeginn eine NASA-Sonde zum Pluto unterwegs, wenn er nicht breitesten Kreisen als letzter unerforschter Planet erschienen wäre? Und die klare Einordung dieses und anderer Körper auf der Kippe ist auch für die Verwaltung des Sonnensystems von Belang: Welches Gremium über die Namensgebung und ggf. Numerierung zu befinden hat, wird dadurch festgelegt.
Nun kann die IAU zwar juristisch nichts erzwingen, hat sich aber seit ihrer Gründung 1919 einen untadeligen Ruf als unparteiische Interessensvertretung der Astronomen der ganzen Welt erarbeitet, und so war es fraglos an ihr (und nicht etwa nationalen Astronomenverbänden), die erste wissenschaftlich fundierte Definition des Begriffs »Planet« zu finden. Geschickt angestellt haben sich ihre Funktionäre dabei zwar wahrlich nicht, aber die Beteiligten des komplizierten Prozesses haben sich redlich bemüht, wie der Autor aus eigener Anschauung bei der Prager Konferenz miterleben konnte, und das Ergebnis drückt – hämischen Kommentaren unterlegener Parteien zum Trotz – durchaus den Konsens der astronomischen Weltgemeinschaft aus. Es lohnt sich also, den Gedankengängen und Entscheidungswegen im Detail zu folgen: Manches kann man (und auch die breite Öffentlichkeit, Schulkinder insbesondere!) dabei über das Wesen des Sonnensystems – aber auch das Verhalten der Bewohner seines immer noch dritten Planeten – lernen!
Nötig geworden war eine klare Planetendefinition durch Entdeckungen am Rande des Sonnensystems seit 1992, als der 1930 entdeckte Pluto mit 1992 QB1 plötzlich nicht mehr allein im im Kuiper-Gürtel war, und erst recht 2005, als ihn 2003 UB313 gar an Größe überbot. Eigentlich ein Zufall, denn der Pluto stand zur Zeit seiner Entdeckung gerade nahe dem Perihel seiner elliptischen Bahn, 2003 UB313 dagegen sitzt heute im Aphel: Hätten beide zum Zeitpunkt der ersten großangelegten fotografischen Suche nach einem »9. Planeten» an anderen Punkten ihrer Bahn gestanden, wäre vielleicht 2003 UB313 der einzige Körper oberhalb der damaligen Nachweisgrenze gewesen und fürderhin als 9. Planet geführt worden. Dass der Pluto in Sachen Größe wie Ordentlichkeit der Bahn (sie ist nicht nur stark elliptisch, sondern auch stark geneigt) mit den anderen 8 Planeten nicht mithalten konnte, war schon Jahrzehnte lang klar gewesen: Wäre er später entdeckt worden, hätte man ihn wohl gleich als Kleinplanet (wenn auch ungewöhnlich sonnenfernen) katalogisiert. Der Versuch, Pluto 1999 die Kleinplanetennummer 10 000 zu verpassen, scheiterte freilich am erbitterten Widerstand überwiegend amerikanischer Traditionalisten, die sich den einzigen in den USA entdeckten Planeten nicht kleinreden lassen wollten. Die IAU beugte sich schliesslich dem Druck.
Wenn es ans Definieren des Planetenbegriffs geht, kann man sich von drei verschiedenen generellen Gesichtspunkten leiten lassen, die alle etwas für sich haben. Nach dem ersten muss man das Sonnensystem als System betrachten: Planet ist, wer in einem bestimmten Abstandsbereich von der Sonne ein klar dominanter Körper ist und/oder es geschafft hat, diese Zone im Wesentlichen freizufegen. Alternativ kann sich ganz auf den Körper an sich konzentrieren, wie es z.B. bei der Klassifizierung der Sterne üblich ist: Als Planetenkriterium könnte dann dienen, dass sich der Körper im hydrostatischen Gleichgewicht befindet, d.h. sich durch seine eigene Schwerkraft und gegen eine eventuell vorhandene eigene Steifigkeit zu ungefähr einer Kugel geformt hat. Oder dass er einen bestimmten willkürlich festgelegten Durchmesser übersteigt. Oder mindestens eine bestimmte absolute Helligkeit besitzt: Die lässt sich, sobald die Bahn und damit Sonnen- und Erdabstand bekannt sind, direkt messen, während die Bestimmung des Durchmessers die Kenntnis der Albedo (des Rückstrahlvermögens) voraussetzt und die »Rundheit aus eigener Kraft« gerade bei den zur Diskussion stehenden Körpern in großer; Distanz oft kaum zu ermitteln ist.
Ein dritter Aspekt ist schliesslich die kulturelle Etabliertheit eines Körpers als Planet, ein freilich sehr subjektives und instabiles Kriterium. Der Begriff stammt aus der Antike und bezeichnete einfach Körper, die zwischen den Sternen am Himmel herumwanderten. Mit der kopernikanischen Wende erlebte das Wort einen großen Bedeutungswandel, und Sonne und Mond wurden aussortiert, während die Erde hinzukam. Und mit der Erfindung des Fernrohrs und später der Astrofotografie wurden seit dem 18. Jh. immer mehr Körper im Sonnenorbit aufgespürt, von denen letztlich nur Uranus (marginal mit dem blossen Auge sichtbar) und Neptun (unsichtbar) unumstritten »klassische« Planeten wurden. Die seit 1801 aufgespürten Objekte zwischen Mars- und Jupiterbahn, die zunächst ebenfalls als Planeten gelistet wurden, werden spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts allesamt als Kleinplaneten angesprochen, inklusive des mit Ceres grössten, der immerhin 40% ihrer gesamten Masse enthält. Dem »Planeten« Pluto blieb solch eine Reklassifizierung (oder Deklassierung?) indes lange erspart, weil 62 Jahre lang seine vielen Begleiter – mit zusammen einem Vielfachen der Plutomasse – unentdeckt blieben.
Ein erster Versuch der IAU, zu einer wissenschaftlichen Planetendefinition zu kommen, war im November 2005 nach Jahren der Diskussion im Sande verlaufen: Die 19-köpfige Kommission (eingesetzt von der IAU-Division III, Sonnensystem) hatte am Ende drei Alternativen anzubieten, Größe über 2000 km, hydrostatisches Gleichgewicht und Dominanz in einer Region des Sonnensystems (Nature vom 17.8.2006 S. 724-5). Mit dem Nahen der nur alle drei Jahre stattfindenden 2006-er Vollversammlung (und nach der Entdeckung von 2003 UB313) versuchte es die IAU-Exekutive ein zweites Mal: Jetzt berief sie selbst sechs Astronomen aus unterschiedlichen Ländern und eine Schriftstellerin in ein neues »Planet Definition Committee«, das alle Aspekte abwägen sollte, historische und kulturelle inklusive. Und nach anfänglicher Sorge über eine erneute Sackgasse der Diskussion, so wird in Dokumenten des Kommitees berichtet, sei plötzlich – nach nur zwei Treffen Ende Juni und Anfang Juli 2006 – allen klargewesen, wie es gehen müsse. Einstimmig sei beschlossen worden, alleine die Physik des Körpers selbst sprechen zu lassen und jeden Bezug auf seinen Platz im Gefüge des Sonnensystems zu ignorieren, so der Kommittee-Vorsitzende auf einer Pressekonferenz: Eine Alternative auf einem guten 2. Platz habe man nicht gesehen.
»Ein Planet ist ein Himmelskörper, der a) ausreichende Masse besitzt, damit seine eigene Schwerkraft die Steife des Körpers überwindet und er ein hydrostatisches Gleichgewicht und eine nahezu runde Gestalt annimmt, und sich b) im Orbit um einen Stern befindet und selbst weder ein Stern noch der Satellit eines Planeten ist« – das sollte die grundlegende Definition sein. Es folgten allerlei Verfeinerungen, nach denen von einem Doppelplaneten die Rede sein sollte, wenn sich das Baryzentrum (der gemeinsame Massenschwerpunkt) ausserhalb des grösseren Körpers befände, die Planeten jenseits der Neptunbahn sollten »plutons« genannt werden und alle Planeten kleiner als Merkur zudem inoffiziell »dwarf planets« (Zwergplaneten), d.h. die plutons plus Ceres. Die Zahl der Planeten im Sonnensystem würde plötzlich auf 12 steigen, denn nicht nur bliebe Pluto einer, sondern es kämen auch noch der grösste Asteroid Ceres, Plutos Begleiter Charon und 2003 UB313 hinzu (Abb.: eine offizielle IAU-Grafik dazu, mit kugelrundem Saturn …) – und es gibt noch eine Warteliste mit derzeit 12 weiteren Kandidaten, bei denen noch nicht klar ist, ob sie sich selbst ausreichend rund gemacht haben! Der Begriff »Kleinplanet« sollte gleichzeitig abgeschafft werden: Alles was kein Planet ist, würde pauschal zum »Small Solar System Body«.
Der Vorschlag wurde als Resolution 5 für die 26. General Assembly ausformuliert, von der IAU-Exekutive ein wenig geradeliniger geschrieben und einmütig unterstützt – und sodann absolut geheimgehalten, selbst über den Beginn der Tagung hinaus! Erst an ihrem dritten Tag, dem 16. August, wurden Text und Erläuterungen den in Prag anwesenden Astronomen über die Tagungszeitung bekanntgemacht, 8 Tage bevor darüber abgestimmt werden sollte. Normalerweise sind Resolutionstexte Monate vor der Versammlung fertig und längst im IAU Information Bulletin veröffentlicht, aber hier sah man besonders drängende Umstände am Werk. Der damalige IAU-Präsident Ron Ekers begründete das außergewöhnliche Vorgehen gegenüber interstellarum mit der Sorge, der Vorschlag – den man ja leicht ins WWW hätte stellen können – wäre bei einem Bekanntwerden vor der Tagung zerredet worden, und man wäre einer Flut von E-Mails nicht mehr Herr geworden. Trauten die Autoren und die Exekutive der Überzeugungskraft ihrer doch so einmütig gefundenen Lösung so wenig, auch wenn sie sich zunächst noch optimistisch gaben?
Binnen Stunden nach der Veröffentlichung des Textes war in den Gängen des Prager Kongresszentrums unüberhörbar, dass es der Resolutionsentwurf sehr schwer haben würde: Planetenforscher wie – auf der die gesamte Astronomie abdeckenden Tagung weit domierende – andere Astromen schüttelten ungläubig den Kopf angesichts der Inflation von Planeten ohne erkennbares Ende, der plötzlichen Auferstehung von Ceres als vollwertigem Planeten und der Aufwertung von Charon vom Mond zum Planeten. Und die Vorgehensweise der IAU-Exekutive, die an ein Überrumpelungsmanöver erinnerte, stiess auf breite Kritik. Nur wenige Astronomen (darunter allerdings der Vorstand der Division of Planetary Sciences der American Astronomical Society, der sich für die Mehrheit der Planetenforscher weltweit zu sprechen wähnte) unterstützten öffenlich das Papier des Planet Definition Committee, stattdessen tauchten binnen Tagen dezidierte und z.T. mindestens so gut ausgearbeitete Gegenentwürfe auf. Zwischen 8 und 19 Planeten würde im Rahmen diskussionswürdiger Vorschläge das Sonnensystem enthalten: Die folgende Tabelle nennt die Zahl (»+«: Es können mehr werden), das Schlüsselkriterium, die Planeten (die bekannten abgekürzt) von innen nach aussen, den oder die Vertreter und eine Referenz.
8 | rund + allein in der Nachbarschaft | Me, Ve, Er, Ma, Ju, Sa, Ur, Ne | Beschluss der IAU GA-XXVI | IAU Press Release |
8 | mehr als 1% der Erdatmosphäre | Ve, Er, Ma, Ju, Sa, Titan, Ur, Ne | Craig Heinke u.a. | Nuncius Supplement |
9 | Status Quo und keine weiteren Planeten mehr | Me, Ve, Er, Ma, Ju, Sa, Ur, Ne, Pluto | Paul Weissman u.a. | Nuncius Supplement |
10+ | Status Quo, aber alle grösser als Pluto dazu | Me, Ve, Er, Ma, Ju, Sa, Ur, Ne, Pluto, 2003 UB313 | Mike Brown (als eine Option) u.a. | Browns Webseite |
11+ | negative absolute Helligkeit | Me, Ve, Er, Ma, Ju, Sa, Ur, Ne, Pluto, 2005 FY9, 2003 UB313 | Dave Tholen | Nuncius Supplement |
12+ | rund aus eigener Kraft | Me, Ve, Er, Ma, Ceres, Ju, Sa, Ur, Ne, Pluto, Charon, 2003 UB313 | Planet Definition Committee | 1. IAU Press Release |
19+ | rund, inkl. aller großen Monde | Me, Ve, Er, Erdmond, Ma, Ceres, Ju, Io, Europa, Ganymed, Callisto, Sa, Titan, Ur, Ne, Triton, Pluto, Charon, 2003 UB313 | Bill Sheehan u.a. | Persönl. Mitteilung |
Die erste Diskussionsrunde auf der Vollversammlung stieg am Freitag, dem 18. August, um 14:00 MESZ, im Rahmen der Geschäftssitung der Division III: hitzig aber fair, von sachlichen Argumenten getragen und mit einem eindeutigen Ergebnis. Wie sich schon an den Tagen zuvor abgezeichnet hatte, konnte eine klare Mehrheit den Argumenten des Planet Definition Committe nicht folgen! Nicht nur erschien dessen Text (4 Paragraphen und 4 Fussnoten) zu kompliziert und der Weltöffentlichkeit – um die es schliesslich bei der Definitionsaufgabe primär zu gehen hatte – kaum zu vermitteln, auch das hydrostatische Gleichgewicht als alleiniges wissenschaftliches Argument überzeugte nicht. Die Nachbarschaft eines Körpers im Sonnensystem sei – auch im Zusammenhang mit der Entstehung des ganzen – ganz wesentlich für dessen Einordnung, wurde immer wieder gefordert. Und dann erschien ein Gegenentwurf für eine Planetenresolution auf der Leinwand, den schon etliche Planetenforscher unterzeichnet hatten und der die Dominanz eines Objekts in seiner Nachbarschaft zum Kern des Planetseins erhob. Bei einer Probeabstimmung bezwang dieser Text den Resolutionsentwurf der Exekutive mit deutlicher Mehrheit; weitere Alternativen wie einfach alles mit einer Absoluthelligkeit grösser als Null zum Planeten oder nach Pluto einfach Schluss zu machen (da gab es Buhrufe), kamen nicht zur Abstimmung.
Die Teilnehmer des Meetings wurden angemessen verwirrt ins Wochenende entlassen, und am 22. August versuchte die IAU-Exekutive ein letztes Mal, ihren Planetenplan kaum verändert in einer Diskussion nun mit dem Plenum der Tagung durchzubringen – und verlor eine weitere Probeabstimmung noch deutlicher. Das war’s: Ein neuer Text wurde formuliert und am Morgen des Abstimmungstages 24. August bekanntgemacht. Eine Kampfabstimmung zwischen zwei Alternativen, im Prinzip möglich, sollte es nicht geben, dafür war die Resolution aber in vier Teile zerlegt worden, über die nacheinander abzustimmen war. Gemäss der neuen Resolution 5a war ein Planet ein Himmelskörper a) im Orbit um die Sonne mit b) ausreichender Masse, um sich rund zu machen, der c) »die Nachbarschaft um seinen Orbit gesäubert« hat, ein »Zwergplanet« war zwar rund, hat die Säuberung aber nicht geschafft, und »Kleinkörper des Sonnensystems« umfasste alles andere (wobei Begriffe wie Kleinplanet etc. nun erlaubt bleiben). Um 15:19 MESZ kam diese Resolution mit überwältigender Mehrheit der rund 420 stimmberechtigten IAU-Mitglieder, die noch in Prag weilten, durch: Zwar machten diese keine 5% der gesamten Mitgliedschaft aus (die Möglichkeit elektronischer Abstimmung von Abwesenden wird frühestens 2009 geschaffen), aber ihr Votum repräsentierte gut den Diskussionsstand.
Zuvor war klargestellt worden, dass ein »Zwergplanet« kein Planet ist (und den Resolutionsautoren einfach kein anderes passendes Wort eingefallen war, in dem »planet« nicht vorkam): Um das zu unterstreichen, soll fürderhin im Englischen „dwarf planet“ immer in Anführungszeichen stehen, damit dabei ja keiner an einen kleinen Planeten denke. Ein Versuch, die absolute Abgrenzung zwischen Planet und Zwergplanet doch noch aufzuweichen, scheiterte um 15:34 MESZ mit der deutlichen Ablehnung der Resolution 5b: Sie hätte vor die 8 Planeten ein »classical« eingeschoben und so »Planet« zum Oberbegriff von 8 klassischen und mindestens 3 Zwergplaneten gemacht (und so dem Pluto seinen Planetenstatus erhalten). Damit das auch jeder kapierte, stellte die souveräne Diskussionsleiterin Jocelyn Bell – als Pulsarentdeckerin ebenso berühmt wie in der Planetenangelegenheit unbefangen – Planet als »umbrella term« auf der Bühne mit einem neckischen Stilleben dar.
Aber genau so kommt es eben nicht: Das Sonnensystem hat von nun an drei Kategorien von Bewohnern, die 8 Planeten (deren Zahl wohl konstant bleiben wird), die derzeit 3 Zwergplaneten Ceres, Pluto und 2003 UB313 (Charon ist nun wieder ein Mond) und hunderttausende Kleinkörper. Die übrigens im Englischen als »small solar-system bodies« mit Bindestrich zu schreiben sind, auch dieses Detail wurde auf der Sitzung festgelegt. Welcher Körper den Sprung vom Kleinkörper zum Zwergplaneten schafft (die Warteliste mit den 12 Kandidaten besteht weiter, und es dürfte in Zukunft noch viele Entdeckungen jenseits des Neptun geben), soll dabei ein noch zu bestimmender »IAU-Prozess« regeln. Gänzlich befriedigend ist also auch diese Lösung nicht, aber allemal besser als eine ständig mit dem Stand der Forschung schwankende Planetenzahl. Nun wäre die Neuordnung des Sonnensystems eigentlich erledigt gewesen – aber da gab es noch die Resolutionen 6a und 6b, deren ausgewiesener Zweck es war, den nun zum Zwergplaneten gewordenen Pluto zu trösten. Dieser solle zusätzlich »als Prototyp einer neuen Kategorie trans-Neptunischer Objekte anerkannt« werden, forderte die Resolution 6a, die (trotz einiger Gegenreden, es gäbe nun genug Kategorien) mit 237 zu 157 Stimmen bei 17 Enthaltungen angenommen wurde.
In Resolution 6b war für diesen Fall der Ausdruck »plutonian objects« für diese Objektklasse vorgeschlagen worden, aber dies scheiterte knapp. Damit war der Pluto also kein Planet mehr, dafür aber u.a. ein Zwergplanet, ein Plutino (womit schon länger Kuiperoids auf 3:2-Resonanzen mit Neptuns Umlaufzeit bezeichnet werden) und der Prototyp einer namenlosen Subklasse von Riesenkuiperoids. (»Plutons« war dafür längst aus dem Rennen, nachdem sich Geologen beschwert hatten, die das Wort schon lange für eine unterirdische Magmablase verwenden. Ausserdem hatten sich schwerwiegende Missverständlichkeiten in anderen Sprachen als Englisch abgezeichnet, wo der Pluto »Pluton« heisst!) Das Echo auf die IAU-Beschlüsse war erwartungsgemäss gewaltig aber auch recht vielseitig. In amerikanischen Zeitungskommentaren hielten sich die Trauer um den verlorenen Planetenstatus und die Erkenntnis, dass dieser ja eigentlich unverdient gewesen war, die Waage, Schulkinder freuten sich über einen Planeten weniger zu lernen, und in nie gekanntem Ausmass wurden Planetariumsleiter und Architekten von Planetenlehrpfaden befragt, wie sie mit den 8 Planeten umzugehen gedächten (einer hatte den armen Ex-Planeten schon mit einer schwarzen Schärpe zugehängt). Der Entdecker von 2003 UB313, Mike Brown, gab sich zufrieden, auch wenn er nun kein Planetenentdecker mehr ist.
In Wirtschaftskreisen wurde gar frohlockt: Neue Bücher, neue 3D-Modelle des Sonnensystems müssten her – auch wenn man bei einem Planeten-Mobile nun eigentlich nur einen abzuschneiden bräuchte (eine übereifrige Firma hatte direkt nach dem 16.8. schon mit der Herstellung von 12-Planeten-Systemen begonnen …). Einige Mitglieder des ursprünglichen Planet Definition Committee beugten sich ergeben dem Mehrheitsvotum, aber ausgerechnet der Vorsitzende gab sich als schlechter Verlierer, inklusive Verschwörungstheorie. Mit die härtesten Widerworte fand der Chef der Pluto-Mission New Horizons, der gar zum Widerstand aufrief. Mit Detailkritik an der Resolution 5a mag er durchaus Recht haben (»clearing the neighbourhood« ist ein ziemlich schwammiger Begriff), aber dass sie bald wieder revidiert würde, ist eher unwahrscheinlich: Wenn wir jetzt nicht zu Potte kommen, hatte in der Versammlung am 24.8. ein Astronom gemahnt, dann machen wir uns vor der ganzen Welt zu Idioten. Stattdessen sollten nun alle den neuen Text in der Welt offensiv vertreten. Das Ende aller Diskussionen ist er natürlich nicht, zumal er sich auch (im Gegensatz zum ursprünglichen Entwurf, der immer von Sternen sprach) explizit nur auf Planeten der Sonne bezieht: Die Exoplaneten kommen als nächstes dran. Und da werden weiterhin die tollsten Konstellationen entdeckt wie gerade ein Stern mit einem Braunen Zwerg und einem Planeten als Begleiter …
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