Mitte August machte sich unter den Astronomen der USA – und nicht nur dort – eine spürbare Unruhe breit: Am 13.8. würde die Nationale Akademie der Wissenschaften die nächste »Decadal Survey« vorstellen, eine mit großem Aufwand erstellte Prioritätenliste für die nächsten großen und kleinen Projekte im Weltraum und auf dem Boden.
394 sogenannte White Papers waren eingegangen, in denen einzelne Interessengruppen ihre Wünsche geäußert hatten, 17 Mal hatten öffentliche Anhörungen stattgefunden, zwei Jahre hatte der Prozess gedauert: Was die 23-köpfige Arbeitsgruppe aus all dem als Zielvorgabe der ganzen astronomischen Gemeinschaft herauskondensiert hatte, würde fast zwangsläufig die Ausstattung und Forschungsrichtungen bis ins übernächste Jahrzehnt hinein bestimmen. So war es auch nach den fünf vorangegangenen Surveys gewesen, an deren Prioritäten sich die NASA für den Weltraumteil, die National Science Foundation für den irdischen und die Politik insgesamt jeweils weitgehend gehalten hatten. Beim letzten Mal, 2001, hatten die Astronomen allerdings die Kosten mancher Projekte derart unterschätzt, dass jetzt zum ersten Mal eine unabhängige Prüfung der Zahlen Teil der Beratungen von 9 Arbeitsgruppen war. »New Worlds, New Horizons in Astronomy and Astrophysics« oder kurz »Astro2010« heißt das Ergebnis, und inhaltlich werden drei Schwerpunkte gesetzt: die Untersuchung der ersten Sterne, Galaxien etc., die Suche nach nahen bewohnbaren Planeten und die Klärung fundamentaler Fragen von Physik und Kosmologie. Wobei sich die beiden Top-Projekte der Weltraum- und erdgebundenen Liste jeweils mehreren Themen gleichzeitig widmen sollen: Man hat sich dagegen entschieden, teuren Superinstrumenten mit enger Aufgabenstellung den Vortritt zu lassen.
Die Weltraum-Liste führt ein »Wide Field Infrared Survey Telescope« (WFIRST; 1,6 Mrd. $, Start ~2020) an, das aus einer Variante der Joint Dark Energy Mission hervorgegangen ist und womöglich zusammen mit der ESA realisiert wird. Mit seinem 1,5m-Spiegel und Weitwinkelsensor für das nahe IR soll es quasi alles können: mit drei verschiedenen Techniken der Natur der Dunklen Energie auf den Grund gehen, durch Microlensing erdähnliche Planeten finden und der allgemeinen Astronomie zur Verfügung stehen, etwa um interessante Motive für das viel größere IR-Teleskop JWST zu finden. Auf Platz eins der erdgebundenen Projekte steht das Large Synoptic Survey Telescope (LSST; 465 Mio. $, Betrieb ~2015), das mit seiner 3-Gigapixel-Kamera einen permanenten »Farbfilm« des Himmels drehen soll, der sofort aller Welt zur Verfügung steht und in jeder denkbaren Richtung ausgewertet werden soll. Das LSST ist auf den Spitzenplatz vorgerückt, weil es technologisch kaum Risiken bietet (und sogar schon der 8,4m große Hauptspiegel existiert). Dahinter kommt aber ein Giant Segmented Mirror Telescope: Zwei solche Großteleskope mit 25m bzw. 30m großem Hauptspiegel, das GMT und das TMT, werden in den USA (als Gegenstück für das europäische 42m-E-ELT) seit Jahren von konkurrierenden Konsortien geplant – nun muss die Wahl auf eines fallen. Weitere »Gewinner« im Weltraumsegment sollen u.a. die kleinen aber hochspezialisierten Explorer-Satelliten sein und der Gravitationswellendetektor LISA (2,4 Mrd. $; ESA-Anteil 50%), während auf dem Boden in innovative Instrumentenprojekte investiert werden möge. Verlierer gibt es freilich auch: Die US-Röntgenastronomie wird nach dem Ende Chandras ein Jahrzehnt satellitenlos sein, die UV-Astronomen haben wieder keinen echten Hubble-Nachfolger bekommen – und auch Spezialsatelliten zur Erforschung oder gar direkten Abbildung fremder Erden fielen durch, dürfen aber an neuen Technologien arbeiten.
Daniel Fischer
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