Die Radioastronomie ist zwar eine tragende Säule der Forschung, aber nicht wirklich für beeindruckende Bilder berühmt: Weil die Winkelauflösung am Himmel bei ihren langen Wellen erheblich geringer ist als im sichtbaren Licht, fehlt es zweidimensionalen Abbildungen in der Regel an wirklicher Schärfe. Zwar hilft die wellengenaue Zusammenschaltung mehrerer Radioantennen als Interferometer, das Auflösungsvermögen deutlich zu steigern, doch haben auch solche Bilder selten die Anmutung »echter« Himmelsaufnahmen. Nun aber hat das derzeit aufwendigste Radiointerferometer der Welt, der Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), den Europäer, Amerikaner und Japaner gemeinsam in Chile betreiben, ein so deutliches Bild der Gas- und Staubscheibe um einen jungen Stern geliefert, dass man es zunächst für eine weitere künstlerische Darstellung dieses Phänomens halten könnte. Doch diesmal ist alles echt: Es ist das bisher schärfste Bild des fast fertig gestellten ALMA, und mit 35 Millibogensekunden ist die Winkelauflösung etwa dreimal besser als was das Hubble Space Telescope typischerweise im Sichtbaren erreicht.
Zu sehen ist die zirkumstellare Staubscheibe um den 450Lj entfernten HL Tauri, die sich aus etlichen konzentrischen Bändern zusammensetzt, jeweils durch markante Lücken getrennt: Offensichtlich haben sich hier bereits die ersten Planeten gebildet und die ursprüngliche Scheibe entlang ihrer Umlaufbahnen freigefegt. Bis zu sieben solcher Lücken lassen sich mit ALMAs Sehschärfe ausmachen, die am Stern einer Auflösung von 5AE oder 750 Mio. km entspricht.
Nun ist HL Tau aber erst knapp eine Million Jahre alt: Dass der Stern trotzdem schon über mehrere Planeten verfügt ist eine große Überraschung und könnte das Verständnis der Planetenbildung grundlegend verändern. ALMA-Bilder dieser Qualität gelingen nur bei maximal weiter Verteilung der Antennenschüsseln über die Chajnantor-Hochebene: Es erfordert einigen logistischen Aufwand, die Schüsseln so weit herumzufahren, dass Basislinien von bis zu 15km entstehen. Seit diesem September läuft nun die erste solche »Long Baseline Campaign«, die noch bis zum 1. Dezember dauert.
Daniel Fischer
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