Extrem massereiche Sterne nachgewiesen

150 Sonnenmassen, mehr geht nicht: Eine solche Massenobergrenze für Sterne im heutigen Kosmos findet sich immer wieder in der aktuellen Literatur – ohne dass es dafür allerdings einen triftigen physikalischen Grund gäbe. Und nun sind tatsächlich »gewichtige« Argumente dafür aufgetaucht, dass Sterne auch heute noch zuweilen mit der doppelten Masse entstehen können: Sie basieren auf Archivspektren vom Hubble Space Telescope und dem Very Large Telescope, neuer Fotometrie mit Adaptiver Optik und vor allem Modellrechnungen zur Entwicklung extrem massereicher Sterne.

Zoom auf einen Stern mit geschätzten 265 Sonnenmassen, der im Tarantelnebel in der Großen Magellanschen Wolke residiert: links ein Ausschnitt aus einer VLT-Aufnahme, in der Mitte ein anderes VLT-Bild mit Adaptiver Optik MAD und rechts wiederum ein Ausschnitt daraus, der den kompakten Sternhaufen R136 zeigt. Der Stern genau in der Mitte ist R136a1, nach neuen Analysen ein Einzelstern mit einer Geburtsmasse von 320 Sonnen, wovon allerdings nach etwas über einer Million Jahren ein Fünftel als Sternwind verloren ging. [ESO/P. Crowther/C.J. Evans]

Sie widersprechen zumindest in den Fällen, wo es zusätzliche Informationen gibt, direkteren Massenbestimmungen nicht. An der Spitze der Tabelle der mutmaßlich massereichsten Sterne von Milchstraße und Magellanschen Wolken steht nun der Stern R136a1 im Tarantelnebel in der Großen Magellanschen Wolke: Er wurde mit 320 Sonnenmassen geboren, hat allerdings in den 1,5 Mio. Jahren seither über seinen starken Sternwind rund 50 Sonnenmassen eingebüßt und liegt jetzt bei 265 Sonnenmassen. Mit 10 Mio. Sonnenleuchtkräften ist es auch der leuchtkräftigste bekannte Stern, der ganz allein für 7% der gesamten Ionisationsleistung in der 30-Dor-Region sorgt.

Sein Nachbar R136a2 liegt mit einer berechneten Geburtsmasse von 240 Sonnenmassen gleichfalls deutlich über dem vermeintlichen Limit von 150 Sonnenmassen, was mehr oder weniger deutlich noch für ein knappes Dutzend weiterer Sterne in diesem Haufen sowie NGC 3603 und dem Arches-Cluster in der Milchstraße gilt. In den meisten Fällen kann auch ausgeschlossen werden, dass es sich in Wirklichkeit um Doppelsterne handelt, die die hohe Leuchtkraft und damit Masse eines Einzelsterns nur vortäuschen: Die beiden Partner müssten in diesem Fall immer noch ziemlich massereich sein und starke Sternwinde abgeben – die dann kollidieren müssten, was starke Röntgenstrahlung erzeugt, die aber nicht nachgewiesen wird. Auch gibt es einen empirischen Zusammenhang zwischen den Massen von jungen Sternhaufen und der größten Masse eines Einzelsterns darin: Danach wären vereinzelte Sterne bis ca. 300 Sonnenmassen »erlaubt«, was nun vielleicht tatsächlich eine echte Obergrenze markiert. Da solche Sterne zugleich absolut am hellsten sind, gilt es als unwahrscheinlich, dass der Rekord von R136a1 in unserer Nachbarschaft noch gebrochen werden kann: Jeder andere Stern mit solch einer Masse wäre bereits aufgefallen.

Daniel Fischer

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